PANKOW-NEUKÖLLN : Fahrrad-Driver
Eigentlich bin ich ein äußerst friedliebender Mensch. Ich denke von jedem das Beste, bis er mir das Gegenteil beweist, und bin sogar bereit, ein gewisses Verständnis für Vollidioten aufzubringen. Bestimmt hatten sie alle eine schwere Kindheit.
Aber manchmal, nicht oft, habe ich lustvolle Visionen von Gehirnen, die sich auf Windschutzscheiben verteilen. Meistens sitze ich dabei auf dem Fahrrad und strampele von Pankow nach Neukölln. Das erste Hindernis sind die Rechtsabbieger an der Kreuzung Schönhauser Ecke Wichert, direkt am Kino. Die gucken nie! Ich weiß nicht, ob das alles Berlintouristen sind oder ob die Filmplakate Schuld sind, auf jeden Fall fluche ich dort immer irgendwelchen Autos hinterher. Dabei ist das völlig blödsinnig, die hören mich eh nicht.
Die zweite Hürde ist das Ende der Schönhauser, kurz vor dem Rosa-Luxemburg-Platz. Dort gibt es immer Menschen, die lieber auf dem schönen rot gepflasterten Weg laufen als auf dem Gehweg. Eigentlich kommt der nächste Gruselabschnitt dann erst wieder am Kottbusser Damm, weil sie da alle fahren wie gesengte Säue, und dann die Hermannstraße, die denkbar fieseste Schlussstrecke überhaupt: leichte Steigung, überall Baustellen, verengte Fahrbahnen. Ein Kampf ums nackte Leben.
Aber letztens bin ich über eine Fußgängerampel am Alex gefahren. Ich hatte bestimmt schon fünf Sekunden grün. Da kommt doch so ein Arschloch von Linksabbieger mit überhöhter Geschwindigkeit direkt auf mich zu. Zwei Zentimeter Luft waren noch zwischen meinem Knie und der Stoßstange. Mitten auf dem Fußgängerüberweg!!! Zuerst stehe ich nur perplex da. Dann fange ich an zu brüllen: „Du Vollidiot! Bist du noch zu retten?! Dir hamse wohl ins Hirn geschissen, du Arsch!“
Was DeNiros Figur wohl gemacht hätte, wenn er nicht Taxi, sondern Fahrradrikscha gefahren wäre? LEA STREISAND