: Out of Deppenheim
■ Neu im Kino: „Younger & Younger“, ein ziemlich mißglückter Film von Percy Adlon über die Liebschaften eines Schwerenöters
Was ist enttäuschender: Percy Adlons plumpe Komik, wo fast jede Szene mit einem Stolpern, einem umherhoppelnden Kaninchen oder zumindest einem angestoßenen Kopf aufgepeppt werden muß, oder Donald Sutherlands peinliche Vorstellung als selbstherrlicher Schmierenkomödiant ? Beide sollten es eigentlich besser wissen und können – aber bei „Younger & Younger“ waren sie offensichtlich von allen guten Kinogeistern verlassen.
Sutherland spielt einen angegrauten Schwerenöter, der im weißen Anzug auf dem Motorrad, dem Tanzparkett und dem Liegestuhl ohne Sorgen und Arbeit vor sich hin lebt, bis seine hartschuftende Ehefrau genau dann stirbt, wenn er sich mit ihrer besten Freundin vergnügt. Während er sich nun als völlig hilflos entpuppt und sein Sohn verzweifelt versucht, das Lagerhaus Younger vor dem Bankrott zu retten, wird Sutherland vom Geist seiner Frau heimgesucht. Der erscheint immer jünger, schöner und penetranter auf der Leinwand. Sutherland ist der Star des Films und Adlon läßt ihn ungehemmt charmant, manisch, irre, sentimental, geil, dumm und schleimig sein. Aber man glaubt ihm dabei nichteinmal das Kratzen am Stoppelbart. In jeder Szene wirkt er so, als wäre er kurz davor in die Kamera zu winken und zu fragen: war ich nicht wieder ganz großartig ?
Und so ähnlich muß sich auch Adlon beim Drehen gefühlt haben: da war wohl keiner, der mal kritisch fragte, ob eine Pointe wirklich komisch ist, ob eine romantische Szene so überhaupt funktionieren kann oder auch nur ob die Story so erzählt ist, daß sie irgendeinen Zuschauer vielleicht interessieren könnte. Stattdessen hat Adlon das Filmen zur Famileinangelegenheit gemacht – sein Sohn half ihm beim Buch und seine Frau beim Produzieren. Und so konnte er ungehemmt den Kredit verspielen, den er in den USA immernoch für „Out of Rosenheim“ hatte.
Eine romantische Komödie voller Magie und Poesie wollte Adlon wohl drehen,. Aber ohne eine auch nur halbwegs tragfähige Story und mit Filmfiguren, die ihre dramaturgischen Funktionen so deutlich vor sich hertragen wie Hinweistafeln, auf denen dann „treue Seele“, „guter Sohn“, „skuriller Kunde“ oder „schönes girl für boy“ stehen würde, ist der Film kaum mehr als eine Reihe von Szenen, bei denen man genau weiß wie sie auf den Zuschauer wirken sollen. Und die gerade deshalb überhaupt nicht zünden. Einige Peinlichkeiten sind dabei immerhin unfreiwillig komisch. Etwa der Dialog – Sie: „Er hat mich berührt.“ Er empört: “Das Schwein!“ – Sie: “Tief in meinem Herzen!“ Oder das Happ End mit dem nun auch toten Sutherland, der im weißen Nachthemd mit seiner Frau auf einer Wolke schwebt.
Wilfried Hippen
Im Cinema tägl. um 21 Uhr
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