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Ottfried Fischer Prozess"Bild"-Mann wegen Nötigung verurteilt

Ein damaliger Mitarbeiter der "Bild" hatte für 3.500 Euro ein heimlich gefilmtes Sexvideo gekauft, auf dem Ottfried Fischer zu sehen war. Damit nötigte er den Schauspieler zu Interviews.

Großer Andrang: Nebenkläger Ottfried Fischer beim Prozessauftakt. Bild: dpa

MÜNCHEN dpa | In der Affäre um den Schauspieler Ottfried Fischer hat das Amtsgericht München einen Journalisten wegen Nötigung und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs zu einer Geldstrafe von 14.400 Euro verurteilt. Der Angeklagte war zum Zeitpunkt der Tat im Herbst 2009 Mitarbeiter der Bild-Zeitung – und hat sie inzwischen verlassen.

Vier Mitangeklagte erhielten am Montag Geldstrafen zwischen 600 und 3.600 Euro. Sie hatten im Prozess gestanden und sich bei Fischer entschuldigt. Der Verlag der Bild-Zeitung, die Axel Springer AG, kritisierte die Entscheidung als "falsch und für Journalisten und Verlage absolut nicht hinnehmbar".

Mit dem Urteil folgte das Gericht den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Richter Hilmar Buch sah es als erwiesen an, dass der 29-Jährige Journalist im Sommer 2009 ein Video mit Aufnahmen Fischers beim Sex mit Prostituierten für 3.500 Euro gekauft hatte. Die beiden Männer und Frauen waren angeklagt, weil sie Fischer heimlich beim Sex mit Prostituierten in seiner Münchner Wohnung gefilmt und das Material zum Verkauf angeboten haben.

Mit dem Video habe der Journalist den Schauspieler unter Druck gesetzt und ihn zur Mitarbeit an drei Bild-Artikeln bewegt. "Solange Sie diese CD nur haben, ist das in Ordnung. Aber wenn Sie sich diese CD nutzbar und gleichzeitig Druck machen, dann ist es eben kein legaler Journalismus mehr", sagte Buch. "Ich glaube nicht, dass das alle Journalisten so machen", betonte er.

Der an Parkinson erkrankte Fischer verfolgte das Verfahren als Nebenkläger. Ohne das Video, sagte der 56-Jährige als Zeuge, hätte er das Interview wohl nicht gegeben. "Dann hätte ich eigentlich keinen Grund gehabt." Normalerweise arbeite er mit Bild nicht zusammen.

Die Verteidigung des Journalisten hatte einen Freispruch gefordert. Der Journalist habe keine Forderungen an Fischer gestellt, sondern die PR-Beraterin des Schauspielers habe ein Interview angeboten und "offensiven Journalismus" betreiben wollen. Der 29-Jährige wollte Fischer nach eigenen Angaben nicht unter Druck setzen.

Vielmehr habe sein Interesse dem Vorwurf gegolten, dass der Schauspieler die Prostituierten nicht bezahlt habe. Es sei Teil des Journalismus', Rechercheergebnisse den betroffenen Personen vorzuhalten. "Der Inhalt der CD war zu keinem Zeitpunkt redaktionell verwertbar", betonte der 29-Jährige in seiner Aussage.

Nach Ansicht der Axel Springer AG wäre ein Freispruch die einzig richtige Entscheidung gewesen. "Dass die Vorwürfe der Nötigung haltlos sind, belegen schon allein die Aussagen von Ottfried Fischer und seiner Agentin. Das Urteil setzt zukünftig jede journalistische Recherche der Gefahr aus, kriminalisiert zu werden", heißt es in einer Stellungnahme des Verlages. "Wir hoffen, dass die nächste Instanz diese Entscheidung revidieren wird."

Fischers PR-Agentin bestätigte die Version des damaligen Bild-Mitarbeiters weitgehend. Sie habe dem Schauspieler damals zum Interview mit dem Blatt geraten. "Es ist besser, selbst tätig zu werden, weil es immer ein Restrisiko gibt, dass etwas erscheint, das dem Klienten schadet", betonte die 59 Jahre alte PR- Agentin. Solche "Deals" mit der Presse gebe es häufiger, sagte sie. Sie sei zu keinem Zeitpunkt von dem 29-Jährigen unter Druck gesetzt worden.

In dem Interview unter dem Titel "Die Huren nutzten meine Krankheit aus!" hatte Fischer im Herbst 2009 dem damaligen Bild-Mitarbeiter über Privates Auskunft gegeben. Er berichtete von einer "schweren Zeit", in der er "die Dame meines blöden Vertrauens" kennenlernte und davon, wie die Prostituierten ihn um mehrere zehntausend Euro brachten.

Laut Staatsanwaltschaft hatte eine der Frauen gemeinsam mit Mittätern die Unterschrift Fischers auf mehreren Kreditkartenbelegen gefälscht und dadurch mehr als 74.000 Euro von seiner Kreditkarte abgebucht. Das Betrugsdelikt wird noch in einem gesonderter Verfahren verhandelt.

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11 Kommentare

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  • NG
    Neidhardt Grimmig

    100 von 100 der "Politiker", und 99 von 100 der ZeitungsschmierfinkInnen, gehören an den FleischerhakIn, und zwar ohne StrickIn. Von Euch ekligen SalonbolschewitsInnen habe ich eine Sammlung von NamInnen und AdressInnen, laßt Euch halt einfach überraschen.

  • D
    Dirk

    Interessant, wie sich der Artikel in der BILD liest. Dort wird vielmehr der BILD-Reporter als völlig unschuldig dargestellt... Aber wen wundert es.

  • D
    Der_Zweifler

    Ich finde es herrlich: Immer wenn BILD beim Schnüffeln in den Unterhösen und Betten anderer Leute erwischt und ggf. bestraft werden, wird der Niedergang der Pressefreiheit beheult.Wer den Verlag je von innen kennengelernt hat, weiß, das der ASV ein Wirtschaftsunternehmen ist, dessen einziger Zweck die Erwirtschaftung von Profit ist. Die Pressefreiheit, das Recht des Einzelnen oder solcher Unfug die das GG der BRD spielen keine Rolle. In Redakrtionskonferenzen wird nur gerechnet, ob etwaige Strafen im wirtschsaftlichen Verhältnis zum Auflagenerfolg liegen-das hat sich der BILD-Chefredakteur schon vor einem Gericht ins Urteil schreiben lassen müsse. Also bitte, lieber Boulevard,

    wenn Ihr erwischt werdet, seid so clever und haltet die Fresse-vieleicht merkst´s dann keiner.

  • V
    vic

    Ein Sex-Filmchen in Bild-Schmierers Händen, mit einem mehr oder wenigen Prominenten drauf, stellt ein Druckmittel dar.

    Natürlich muss er das nicht veröffentlichen.

    Es genügt vollkommen, das Opfer wissen zu lassen, dass er das Filmchen besitzt.

    Für Bild bedeutet es natürlich eine elementare Einschränkung, sich künftig nicht mehr derartiger Methoden bedienen zu dürfen.

  • MS
    Marie Schmitz

    Sex sells: egal wie, egal auf wessen Kosten, hauptsache Bild hat die Macht. Einfach dreist, hier von Pressefreiheit zu sprechen. Einfach dreist, wie dieses Blatt mit billigen storys und skrupellosen Methoden manipuliert. Leider habe ich mich irgendwann daran gewöhnt, bin des Protestierens müde und längst ist Bild gesellschaftsfähig geworden. Ein gewaltiger politischer Machtfaktor - nix da Pressefreiheit, eher Pressemachtheit ... Welche Agentin kann es sich leisten, mit Bild Ärger zu bekommen? welcher Politiker, welche öffentliche Person kann sich mit diesem Blatt anlegen?

    Bitte tazler, bleibt wachsam :-)

    Gruß Marie Schmitz

  • I
    Inside

    Alte Hamburger Presseschule... "Sie haben jetzt die Möglichkeit, Ihre Version in einem Interview zu erläutern... oder wir schreiben eben dass, was wir wissen"

    Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

  • K
    Kalle

    Eine Analogie: Ich frage dich auf der Strasse: hast du mal 10 Euro? Ich habe eine Waffe, du weisst es, ich drohe aber nicht mit ihrem Einsatz. Du gibst was, weil du das Restrisiko ausschliessen willst. Ich werde wegen Nötigung verurteilt.

    Das kann man als Richter verurteilen, im Zweifel für das Opfer (oder so), aber man muß nicht, oder?

  • S
    Samuel

    Was hat das mit Journalismus zu tun, einen Mann mit einem Video zu einem Seelenstripteas zu zwingen.

     

    Hmmm, wobei. Was hat Bild mit Journalismus zu tun? Eine "Zeitung", die auf der ersten Seite ne nackte Frau abbildet...

  • K
    Kaboom

    Tja. Nichts hat sich geändert. Hans Esser is alive and kicking.

  • PB
    Pater Brown

    "Der Angeklagte war zum Zeitpunkt der Tat im Herbst 2009 Mitarbeiter der Bild-Zeitung – und hat sie inzwischen verlassen." - Das Blatt bezeichnet sich nicht einmal selbst als "Zeitung", sondern ausschließlich als "BILD", weshalb der Artikel angemessen endet: "Das Betrugsdelikt wird noch in einem gesonderter Verfahren verhandelt."

  • T
    Toby

    "Nach Ansicht der Axel Springer AG wäre ein Freispruch die einzig richtige Entscheidung gewesen. "[...] Das Urteil setzt zukünftig jede journalistische Recherche der Gefahr aus, kriminalisiert zu werden"

     

     

    Ja. Wirklich wahr. Zukünftig könnten Journalisten vorsichtshalber darauf verzichten müssen, Leute ungefragt beim einvernehmlichen Sex in ihren Privaträumen zu filmen. Ich sehe den Artikel 5 GG in seinen Grundfesten nerschüttert!