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Oscar-Nominierungen 2013Ein Ja für „Amour“

Der österreichische Regisseur Michael Haneke hat mit „Amour“ einen sensationellen Brückenschlag geschafft. Jetzt wurde er für mehrere Oscars nominiert.

Szene aus „Amour“ von Michael Haneke. Bild: dapd

Die Folterdebatte scheint „Zero Dark Thirty“ wohl doch geschadet zu haben: Der Film von Kathryn Bigelow ist nur in drei zentralen Kategorien unter den Nominierten für die Oscars 2013 vertreten; unter den besten Regisseuren ist Bigelow nicht zu finden. Dafür taucht dort mit Michael Haneke der eigentliche Überraschungsgast dieses Jahrgangs auf.

Der österreichische Regisseur, dessen Filme zwei Jahrzehnte lang eine prononcierte Gegenposition zu Hollywood formulierten, hat mit „Amour“ einen sensationellen Brückenschlag geschafft. Mit Emmanuelle Riva ist der Film auch in der Kategorie der weiblichen Hauptdarstellerinnen vertreten sowie in der Entscheidung um die beste Regie, in der Haneke gegen Ang Lee („Life of Pi“), Steven Spielberg („Lincoln“), David O. Russell („Silver Linings Playbook“) sowie den Indie-Außenseiter Benh Zeitlin („Beasts oft he Southern Wild“) durchaus gute Chancen hat.

Riva, die am Tag der Oscar-Verleihung, am 24. Februar, 86 Jahre alt wird, ist die älteste Schauspielerin, die jemals für einen Oscar nominiert wurde, während die neunjährige Quvenzhané Wallis, die in „Beasts of the Southern Wild“ das Mädchen Hushpuppy spielt, die jüngste derartige Kandidatin ist. Dass „Amour“ auch noch in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert ist, zeugt von den Widersprüchen, mit denen sich die Academy angesichts der zunehmenden Globalisierung des Filmgeschäfts konfrontiert sieht.

Im Vorjahr war die französische Hollywood-Hommage „The Artist“ der große Sieger, während „Amour“ nun wirklich gar nichts mit dem amerikanischen Kino gemein hat. Jessica Castain („Zero Dark Thirty“), Jennifer Lawrence („Silver Linings Playbook“) und Naomi Watts („The Impossible“) konkurrieren mit Riva und Wallis, während bei den Hauptdarstellern einer der großen geschlagenen Filme dieses Jahrgangs immerhin eine Chance hat: Joaquín Phoenix aus „The Master“.

Steven Spielbergs „Lincoln“ wäre die staatstragende Lösung für den Oscar für den besten Film. Doch dürfte angesichts der ausgeglichenen Konkurrenz (von „Argo“ bis „Zero Dark Thirty“ sind alle Genres und ideologischen Lager vertreten) das französische Drama mit deutscher Beteiligung, das aber unter österreichischer Flagge fährt, „Amour“, gar nicht die schlechtesten Chancen haben.

Und der Oscar geht an … Michael Haneke? Wenn das mal nicht eine Ironie ist, die sich die Filmgeschichte dann doch nicht verkneifen möchte!

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