Ortstermin mit Doris Dörrie: Alle sind erleuchtet
Pressekonferenz zu Doris Dörries Film "Kirschblüte". Mit Hannelore Elsner, Elmar Wepper und Dörries Sonnenbrille - und furchtbar viel Harmonie.
Eine das Scheinwerferlicht reflektierende Sonnenbrille, Ohrringe die glitzern wie Christbaumschmuck und eine Lederjacke, die bei Bewegung in den Falten blau-metallic schimmert: Bei ihrem Auftritt auf der Berlinale-Pressekonferenz zu ihrem Film "Kirschblüten - Hanami" beweist Doris Dörrie wie immer Geschmack in Sachen Kleiderwahl. Im krassen Gegensatz zu ihrem Punk-meets-Brigitte-Outfit stehen allerdings die salbungsvollen Antworten, mit der sie die Journalisten bedenkt.
Ihr Epos über den Verlust geliebter Menschen spielt zur Hälfte in Bayern (Mit Weißwurst, Alpenblick und Krautwickeln) und zur anderen in Japan (Mit Kirschblüten, Mangaporno und dem Fuji). Trudi (Hannelore Elsner) wollte eigentlich immer den japanischen Ausdruckstanz Butoh erlernen, hat sich stattdessen aber ihr Leben lang für Mann Rudi (Elmar Wepper) und Familie aufgeopfert. Nach ihrem Tod reist Rudi nach Japan, um post mortem eine Trudi kennen zu lernen, die er zu ihren Lebzeiten immer unterdrückt hat.
Wie die Zusammenarbeit mit den Schauspielern war, bei einem so intimen Thema wie Trauer? Man habe gar nicht so viel über das Thema sprechen müssen, erzählt Dörrie, man war sich einfach nah. Ihrem Hauptdarsteller Elmar Wepper habe sie zum Beispiel jeden Morgen im Hotel die Haare grau gefärbt und dabei hätten sie beide dann ohne Worte kommuniziert. "Wir hatten alle unheimlich viel Zeit, einfach miteinander zu sein.", sagt Dörrie und nimmt die Sonnenbrille ab, "Da war der Film gar nicht schwer zu machen."
Hannelore Elsner, in cremeweiß und mit Ohrringen, deren Glitzerfaktor dem Gehänge der Dörrie Konkurrenz macht, lächelt huldvoll und hält sich gerade. Sie habe, haucht sie ins Mikrofon, durch die Arbeit an der Rolle der Trudi ihre inzwischen längt verstorbene bayerische Großmutter in sich selbst wiederentdeckt: "Die Rolle war ein Geschenk".
Allein Elmar Wepper, einem bayerischen Johnny Cash inzwischen nicht unähnlich, bringt ein bisschen Schwung in die harmonische Hölle und erzählt vom betrunkenen Herumstolpern seines Rudi auf den belebten Tokioter Straßen und den Reaktionen japanischer Mädchen auf seine Szene in Frauenkleidern: "Wow! What the f*** are you wearing?!"
Eine russische Journalistin stellt eine etwas verquere Frage und - schwupps - wandert die Sonnenbrille wieder hoch ins Dörrie-Gesicht. Die Brille scheint zu sagen: Doch lieber abschirmen von dieser Pressekonferenz. Man müsste hier viel mehr miteinander sein. Halt, Moment - kommt da aus der fünften Reihe in der Mitte nicht ein bisschen negative Energie?" Richtig erkannt. Diese Überdosis Harmonie und Glückseligkeit, die Frau Dörrie und Kollegen da verströmen, ist aber auch schwer auszuhalten.
Noch eine Frage aus dem Publikum: "Wie kamen Sie zu der lustigen Szene am Fahrkartenautomaten in Berlin?" (Zur Erklärung: Trudi und Rudi scheitern und schimpfen beim Versuch, einen Fahrschein zu kaufen.) Die Antwort: Dörrie sieht sich selbst als guten Geist, der in München am Marienplatz verzweifelten Nicht-Münchern die Mechanik erklärt und regt sich sogleich welterfahren darüber auf, dass in Deutschland alles ja immer so kompliziert sein muss. "In Tokyo ist es leichter, Fahrkarten zu kaufen."
Angeberin. Aber "Hanami" ist ja schon der dritte Film, den Doris Dörrie im Japan gedreht hat. "Erleuchtung garantiert" (2000) spielte in einem Zen-Kloster und in "Der Fischer und seine Frau" (2005) ging es um den japanischen Zierkarpfen Koi. 17 Mal war Doris Dörrie bereits in Japan und schwärmt, im Einklang mit ihren Schauspielern, von der Sorgsamkeit und Achtsamkeit, die anderen Menschen dort entgegen gebracht wird. Am Ende faltet sie ein Papierschiffchen. Fehlt bloß noch, dass wir uns alle an den Händen fassen müssen und die letzten fünf Minuten einfach miteinander sind. Müssen wir Gottlob nicht. Und die Sonnenbrille? Die bleibt aufgesetzt, zur Sicherheit.
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