Ortstermin im Eiffel-Städtchen Daun: Ein Dorf in Mordsstimmung
Beim Krimifestival "Tatort Eifel" putzt sich ein Städtchen heraus. Es will allen Klischees rund um Mord und Verbrechen gerecht werden.
DAUN taz | "So viel morden schon am frühen Morgen?", fragt die Dame in der Bäckerei mit diesem so gar nicht unangenehmen Eifler Zungenschlag, der sie eigentlich mindestens für eine Nebenrolle im nächsten Eifelkrimi qualifizieren müsste. Wenn die wüsste. Wer als unbescholtener Bürger bis zum Wochenende durch die Haupteinkaufsstraße im Eifelstädtchen Daun eilt, tappt in ein Schwerverbrechen nach dem anderen.
Beim Outdoor-Ausrüster schräg gegenüber von der Touristeninformation sind die Schaufenster mit Absperrband verklebt, blutige Messer und offenbar nicht mehr ganz so zuverlässige Kletterseile stecken als Beweismittel in Klarsichttüten, ein paar Häuser weiter hat die Apotheke ihren Giftschrank mit allerlei feinen Zutaten gut sichtbar ins Fenster gestellt. Nur der Metzger weiter unten macht komischerweise nicht mit, dabei ist Mord - sogar in seiner völlig legalen Form - irgendwie ja auch sein Geschäft.
Doch trotz dieses kleinen Spielverderbs hat das alle zwei Jahre stattfindende Festival "Tatort Eifel" Daun total im Griff. 2011 macht da keine Ausnahme.
Shuttle-Fahrer sorgen dafür, dass die Festivalprominenz auch im Ort ankommt, dessen Eisenbahn nur noch am Wochenende fährt. 2009 war sogar Senta Berger hier, dieses Jahr werden die Münchner "Tatort"-Kommissare erwartet. Keine Frage, das Krimifestival ist für den lieblich-rauen Landstrich herbstlicher Höhepunkt - und eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Schließlich wurde in der Eifel der Regionalkrimi wenn noch nicht erfunden, dann doch groß und berühmt.
Dafür stand am Anfang vor allem der ehemalige Spiegel- und Stern-Journalist Michael Preute, der unter dem Pseudonym Jacques Berndorf seit über 20 Jahren die Eifel kriminalistisch durchpflügt. Berndorf setzt einen Trend, der bis heute nicht nur in der Eifel boomt. Mittlerweile gibt es Regionalkrimis von Sylt und Rügen bis zum Bodensee und Berchtesgaden - und das Heer der EifelkrimiautorInnen wird langsam, aber sicher unübersichtlich.
Auch davon kündet Daun in den Schaufenstern seiner Buchhandlungen. Die örtliche Kaffeerösterei hat dieses Jahr die Mischung "guter Bulle, böser Bulle" neu im Angebot, der Renner bleibt aber ein Espresso namens Schwarzer Tod, nach dessen Genuss man sich allerdings überraschend lebendig fühlt.
Heiter bis tödlich
Wo sich ein Trend aber ernstlich durchgesetzt hat, ist das Fernsehen nicht weit: Das ZDF verstreut schon seit ein paar Jahren seine "Sokos" munter durch die Republik - dass es sogar eine Soko Wien und eine Soko Kitzbühel gibt, hat allerdings nichts mit feuchten Träumen von der TV-Division Großdeutschland zu tun, sondern ganz schnöde mit dem Koproduktionspartner ORF. Bei der ARD muss der Regionalkrimi ab Ende Oktober sogar einen ganz besonders schweren Fall lösen: nämlich den verkorksten, sprich wenig erfolgreichen Vorabend im Ersten vor der "Tagesschau" zu neuer Blüte führen.
Das altgediente "Großstadtrevier" des NDR steht Pate für die neue Reihe, die humoristisches Morden verspricht und deshalb auch unter einer gemeinsamen Dachmarke läuft. Die ist allerdings weder schlicht noch schön, sondern lautet "Heiter bis tödlich". Und zumindest das ist dann auch schon wieder beinahe ein Verbrechen.
Doch für die Tatzeit verweisen alle Verantwortlichen wie ARD-Programmdirektor Volker Herres oder ARD-Vorabendchef Frank Beckmann vom NDR auf angeblich wasserdichte Alibis. Und Gebhard Henke vom WDR redete sich in Daun aufs Marketing und eine Agentur dahinter raus - auch das wäre Stoff für weitere Ermittlungen. Bis Jahresende gibt es also Krimikomödiantisches aus dem Münsterland, Bayern und der weiten Heide rund um Husum.
In der Eifel spielt davon allerdings bislang nichts, die ist ja schon mit "Mord mit Aussicht" und "Der Bulle und das Landei" vom SWR im Ersten vertreten. Da hat sie, was die Mehrzahl der in Daun gezeigten ARD-"Crime and Smile"-Erfindungen angeht, auch mehr von.
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