Onlineshop für Handyapplikationen: Microsofts Mobilverkauf
Nach Apple, Google und Blackberry hat nun auch der Softwareriese einen Online-Laden für Handy-Programme eröffnet. So unkompliziert wie die Konkurrenz ist er aber nicht.
Wer bislang als Nutzer eines Windows Mobile-Smartphones sehnsüchtig auf die Besitzer konkurrierender Geräte schaute, weil die jeden Tag mit neuen Spielen und Programmen für ihr Handy glänzen konnten, muss sich nur noch wenige Monate gedulden: Ab September, mit dem Start der neuen Betriebssystemversion 6.5, wird es erstmals einen eigenen Software-Laden für Microsofts Mobilplattform geben.
Der "Windows Marketplace" wurde am Wochenende offiziell vorgestellt und soll es Entwicklern möglich machen, innerhalb kürzester Zeit Programme für die Handy-Plattform zu vertreiben. Aktuell sind immerhin 20 Millionen Geräte auf Basis von Windows Mobile auf dem Markt; wie viele tatsächlich für den neuen Programm-Vertrieb geeignet sind, teilte Microsoft bislang nicht mit. Klar ist allerdings bereits der geschäftliche Teil des Arrangements: 70 Prozent des Umsatzes sollen Programmierer behalten dürfen, die über die Plattform verkaufen. Dabei kann man direkt auf dem Handy nach neuer Software suchen und sie mit wenigen Klicks kaufen, bezahlen und installieren.
Mit Microsofts Markteintritt ist das Angebot der Anwendungsläden nun fast komplett. Den Boom hatte Apple mit seinem "App Store" fürs iPhone ausgelöst, der seit Sommer 2008 über eine Milliarde Downloads generierte und auch kleinen Entwicklern die Chance gab, ihre Programme direkt an mobile Menschen zu verkaufen. Zuvor hatten in Reaktion auch Google (Android-Mobilplattform) und der Blackberry-Hersteller RIM ihre jeweiligen Online-Shops gestartet; der größte Handy-Hersteller der Welt, Nokia, will mit seinem "Ovi Store" sehr bald ans Netz gehen. Fehlen eigentlich nur noch klassische Gerätebauer wie Samsung, Sony oder Motorola, die allerdings das Problem haben, dass ihr Angebot nicht auf einheitliche Betriebssysteme setzt.
Man kann nicht sagen, dass Microsoft in Sachen Zusammenarbeit mit Programmierern ein Neuling wäre. Neben dem Absatz von Betriebssystemen und Büroanwendungen war stets der Verkauf von Entwicklungswerkzeugen eines der Hauptstandbeine des US-IT-Giganten. Dementsprechend profitiert er nach dem Aufbau des "Windows Marketplace" nicht nur mit den erwähnten 30 Prozent am Umsatz der Anwendungen, sondern kann auch seine Programmiersprachen besser absetzen. Wer mitmachen möchte, zahlt außerdem wie schon bei Apple eine Jahresgebühr von 99 Dollar. Schüler und Studenten dürfen über ein eigens aufgelegtes Bildungsprogramm namens "DreamSpark" kostenlos mitprogrammieren und sich nach Registrierung die notwendigen Teile für die Handy-Software-Entwicklung herunterladen. Nachteil in jedem Fall gegenüber Apple: Während Entwickler dort beliebig viele Programme einreichen dürfen, will Microsoft nur fünf Anwendungen in 12 Monaten zulassen.
Schon vor dem Start von "Windows Marketplace" konnte man sich neue Software auf sein Windows Mobile-Smartphone holen - allerdings war die Installation verhältnismäßig kompliziert und zumeist an einen Rechner gebunden. Der neue Software-Laden vereinheitlicht das alles nun direkt auf dem Handy - mit wenigen Klicks soll der Nutzer bald drahtlos an neue Programme kommen, eine Taktik, die bei Apple wie erwähnt bereits hervorragend funktioniert.
Dessen "App Store" ist inzwischen die Nummer eins beim Verkauf, gefolgt von Googles "Android Store" und RIMs "App World" für den Blackberry. Sie alle orientieren sich mehr oder weniger an Apple, wobei Google zunächst nur freie Programm anbot und diese im Gegensatz zum "App Store" nicht einzeln kontrollierte (inzwischen ist auch Kaufware im Angebot) und die "App World" stets höher bepreist war als die Konkurrenz. Wie teuer Software im "Windows Marketplace" sein wird, weiß noch niemand: Diese Entscheidung überlässt Microsoft den Entwicklern.
Analysten sind sich unterdessen einig, dass die Handy-Softwareläden nur einen Trend für den PC-Markt vorgeben: Spiele und ganz normale Anwendungen würden künftig deutlich häufiger direkt über das Internet vertrieben. Entsprechendes plant der Unterhaltungselektronikkonzern Sony Gerüchten zufolge beispielsweise für die neue Generation seiner Spielekonsole PSP. Datenträger und Hochglanzverpackungen hätten dann ausgedient.
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