One-Hit-Wonder

The Trashmen, Ikonen des Surf-Trash-Garagenbeats, ritten bei ihrem Berlin-Gastspiel nicht auf der ganz großen Welle. Ihr Song „Surfin’ Bird“ wurde trotzdem gefeiert

Es ist die alte, schmutzige Geschichte. Schwarze Band schreibt Song, weiße Band mopst ihn und streicht die Kohle ein: 1963 lieh sich die Surfband The Trashmen aus Minnesota zwei Refrainzeilen der Doo-Wop-Formation The Rivingtons aus. „Papa-oom-mow-mow“ und „The bird is the word“ verschmolzen so zu „Surfin’ Bird“, dem größten, einzigen und ewigen Hit der Trashmen. Aber: Die Rivingtons schalteten den Anwalt ein und zwangen die Trashmen, die Namen der Rivingtons-Bandmitglieder auf ihrer „Surfin’ Bird“-Single nachzuliefern.

Surfin’ hin oder Bird her, das One-Hit-Wonder The Trashmen war nicht annähernd so erfolgreich wie die Beach Boys. Sie hatten keinen Brian Wilson! In Minnesota lässt sich eh besser über Nadelbäume als über Wellenbrecher Songs schreiben.

Im „Roadrunner’s Paradise“, wo die Trashmen am Mittwoch ihr erstes Berlinkonzert gaben, sah man ihnen auch an, dass sie vermutlich nie Wellenreiten waren. Vier in Würde gealterte, schwarz gekleidete Herren mit amtlichen Gutes-Leben-Bäuchen spielten genau das, was sie können: Abgesehen von „Surfin’ Bird“ recht schmucklosen, altbackenen Rummelplatz-Surf, dazu überflüssige Coverversionen von Stücken wie „Suzie Q“ oder „Gloria“, Standard-Surf-Instrumentals und eben ihre wenigen Eigenkompositionen. Man hätte fast schunkeln können, war man doch von der ebenfalls höchstens im Midtempo groovenden, ebenfalls Surf-Trash-affinen Vorband The Neanderthals noch in beiläufiger Mithoppel-Laune. Die Neanderthaler disqualifizierten sich allerdings nach dem lahmen Konzert vollends durch Verkleidet-im-Zuschauerraum-Herumlaufen – sie trugen ihre Cavemen-Felle und ihre schwarzen Gesichtsmasken auch beim Biertrinken, so dass man nicht nachprüfen konnte, wie der dünne, sehnig-faltige Sänger tatsächlich aussah. Im Kostüm hatte er frappierende Ähnlichkeit mit einem der Kreuzberger Bekloppten, die im Wiener Blut einst Hausverbot bekamen.

Glücklicherweise ist das Roadrunner’s Paradise immer ein optischer Genuss, sogar wenn der Wind von der Bühne nur zum Gähnen reizt: Dass in der wunderbaren, kleinteiligen Rockabilly-Rock-’n’-Roll-Hot-Rod-Pin-Up-Schnapsflaschencollage über der Bar sogar irgendwo ein Bonanzarad versteckt ist, wäre einem vielleicht gar nicht aufgefallen, wenn man den Blick nicht gelangweilt hätte schweifen lassen.

Als letzten Song spielten die Trashmen dann endlich auch das Stück mit der einen, wahnwitzigen Zeile – „papapapapapapapbirdbirdbirdthebirdistheword“ –, und das dankbare Publikum ging rechtschaffen ab, obwohl später vielerorts gemunkelt wurde, man habe auch schon bessere Altherren-Trash-Ikonen gesehen, wenn auch nicht viele: The Remains waren zwar der Knaller, die legendären The Sonics jedoch hatten ja kürzlich ein einziges Konzert in London gegeben, und die Meinungen der wenigen ZeugInnen darüber gingen auseinander. Bei den ohrenbetäubenden Monks, die im vorletzten Jahr in der Volksbühne gespielt hatten, wippte man zumindest viermal so schnell. Enttäuscht braucht man darüber aber nicht zu sein: Der aktuelle, junge, schnelle und laute Trashmarkt ist glücklicherweise im Moment reich mit Talenten bestellt.

JENNI ZYLKA