Olympischer Fackellauf in Hongkong: "Verräter"-Rufe gegen Tibet-Aktivisten
Trotz eines Großaufgebots an Sicherheitskräften gab es auch in der früheren britischen Kronkolonie Hongkong pro-tibetische Proteste während des Fackellaufs. Zuschauer verunglimpften die Demonstranten.
HONGKONG rtr/ap Nach den Demonstrationen im Ausland ist es auch beim Olympischen Fackellauf auf chinesischem Boden trotz hoher Sicherheitsvorkehrungen zu Protesten gekommen. In Hongkong hielt die Polizei am Freitag Demonstranten davon ab, eine tibetische Flagge auszurollen und nahm acht Personen vorübergehend in Gewahrsam. Ein weiterer pro-tibetischer Aktivist wurde von umstehenden Passanten als "Verräter" und "psychisch krank" beschimpft und herumgeschubst. Etwa 25 Demonstranten, die mehr Demokratie forderten, versuchten die Parolen einer Gruppe chinesischer Studenten zu übertönen.
"Glaubt ihr, das ist hier Paris?" riefen nationalistische Zuschauer einer kleinen Gruppe von Anhängern der Demokratiebewegung zu - in Anspielung an die massiven Störungen des Fackellaufs in der französischen Hauptstadt. Die mit zahlreichen roten China-Fahnen erschienene Menge bedrängte auch Polizisten, die eine einzelne Demonstrantin mit einer Tibet-Fahne in Schutz nahm. Ein Mann hielt ein Plakat hoch, auf dem ein Panzer zu sehen war und die Aufschrift "Eine Welt, zwei Träume" - ein Hinweis auf das offizielle Motto der Olympischen Sommerspiele in Peking, "Eine Welt, ein Traum".
Trotz der Spannungen am Straßenrand verlief der eigentliche Fackellauf ungestört. Rund 3.000 Polizisten sorgten auf der Strecke für Sicherheit. Zahlreiche Straßen wurden abgesperrt und die Zuschauer auf Abstand gehalten. Etliche Sicherheitskräfte begleiteten die Fackelträger - teils auf Motorrädern.
Die Behörden in Hongkong waren schon während der Vorbereitungen für den Fackellauf wegen ihres harten Vorgehens gegen potenzielle Demonstranten in die Kritik geraten: Viele Aktivisten wurden erst gar nicht in die Stadt gelassen.
Zum Auftakt der Zeremonie wies der Verwaltungschef von Hongkong, Donald Tsang, auf die besonderen politischen Freiheitsrechte in der Sonderverwaltungszone hin, "in der verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Überzeugungen und Ansichten im Geist der Verschiedenheit, der Toleranz und des Respekts erfolgreich zusammenleben". Im Anschluss an Hongkong geht die Fackel nach Sanya, der ersten von 117 Stationen auf dem chinesischen Festland. Eröffnet werden die Olympischen Spiele am 8. August in Peking.
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