Olympische Splitter: Der real schmetternde Sozialismus

Nordkorea ist da! Wer möchte jetzt noch zweifeln an den völkerverbindenden Aspekten der Chorolympiade?! Daran, dass beim „Bremer Chorwunder“ (Günter Titsch über die von ihm präsidierte Veranstaltung) selbst die eisernsten der metallenen Vorhänge überwunden werden?

Niemand. Schließlich ist SüdKorea auch vertreten, und da werden sich die geteilten Brüder und Schwestern doch bestimmt über den Weg laufen. Eine hervorragende Gelegenheit dafür bestand bereits gestern: beim Freundschaftssingen in der Halle 4. Der frisch eingetroffene „Kammerchor der Demokratischen Volksrepublik Korea“ gab eine Probe seiner Kunst – auch optisch. Kornblumenblaue Uniformen, geziert mit goldenen Knöpfen und weinroten Schlipsen. Selbst der Sound entspricht allen Standards einer museal-kommunistischen Performance: Überzeugt, laut, ansteckend optimistisch. Frei übertragbar auf jedwedes Liedgut, und sei es das „Röslein, Röslein, Röslein rot“, die Reminszenz an die deutschen Gastgeber. Wenn der real schmetternde Sozialismus allerdings noch mit der Kraft der kapitalistischen Messelautsprecher verstärkt wird – dann ist es mit der konkreten Völkerverständigung (im Sinne von draußen im Foyer sein Gegenüber verstehen) doch wieder schwierig.

Nach dem akuraten Abgang der Nordkoreaner latschen lässige Amis auf die Freundschaftsbühne. Der Iowa Youth Choire. „Yeah, what shall we sing now? Orländo die Lasso?“ Sie singen Orländo, außerdem Experimentell-Geräuschhaftes, gar nicht schlecht. Als der Betreuer allerdings erwähnt, sein Chor sei soeben mit olympischem Silber ausgezeichnet worden – dann fragt man sich doch, ob man tatsächlich gerade den zweitbesten gemischten Jugendchor des musikalischen Olymps, also der klingenden Welt schlechthin, gehört hat.

Sei‘s drum. Immer munter, immer mittenmang: Oly. Der lustige kleine Drache, das Olympiade-Maskottchen. Sind Drachen gute Sänger? Vielleicht nicht primär. Aber sie erinnern in genialer Weise an die einschlägige Wick-Halsbonbon-Reklame. HB