Olympische Flaniermeile: Pralles Leben mit Geruch
Riologie
Aus Ipanema
Andreas Behn
Es fällt mir schwer, mich an den Anblick der neuen Straßenbahn in Rio de Janeiro zu gewöhnen. Wie ein futuristisches Objekt gleitet das Gefährt durch das alte Hafenviertel, vorbei an halb zerfallenen Häusern, den Fassaden einst imposanter historischer Bauten und ausgedienten Industrieanlagen. Die Bahn ist ihrer Umgebung mindestens 30 Jahre voraus. Sie soll den Porto Maravilha, den Wunderhafen, erschließen – ein gigantisches Projekt der Stadterneuerung, das zur Olympiade vielleicht zu einem Viertel abgeschlossen ist.
Eine Viertelstunde nach Abfahrt vom Busbahnhof Rodoviária erreicht die Straßenbahn den Olympischen Boulevard. Hier ist sie nicht mehr der einzige Blickfang. An den Wänden der früheren Speicher prangen Graffiti und riesige Wandmalereien. Imbissbuden locken mit blinkendem Neonlicht. Parallel zu den Schienen liegen die Kreuzfahrtschiffe, die die alten Dockanlagen um ein Vielfaches überragen.
Die olympische Flaniermeile kommt gut an. Inzwischen geht es auch politisch zu: Seit ein Richter das Verbot politischer Meinungsäußerungen auf olympischem Gelände aufgehoben hat, werden Aufkleber und kleine Plakate verteilt. Es geht aber nicht um Olympia, sondern um das Gerangel um die brasilianische Präsidentschaft. Meist wird mit „Fora Temer“ der unbeliebte Übergangspräsident zum Teufel gewünscht.
Es stört niemanden, dass es hier und dort nach Abwasser stinkt – der Olympia-Boulevard führt am Ufer der Guanabara-Bucht entlang, in deren verschmutztem Wasser gesegelt wird. Trotzdem ist die Flaniermeile ein echter Fortschritt im sonst recht verlassenen Stadtzentrum. Bisher war hier Militärgelände. Jetzt leuchtet das olympische Feuer.
Etwas weiter wurde die Praça Mauá mit zwei neuen Museen herausgeputzt. Früher war hier der Hafenstrich. Nach Olympia werden die Huren zumindest in den Seitenstraßen wieder arbeiten können. Auf einer Hochhausfassade am Platz erstrahlt vieldeutig der Zählerstand des Twitter-Hashtags #LoveRio. Die Zahl springt gerade auf 59.000.000.
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