■ Olympia-Telefon der Polizei: Ich ruf doch mal an
Jungs, das finde ich ganz große Klasse von Euch, daß Ihr endlich dieses Olympia-Telefon eingerichtet habt. Endlich kümmert sich einmal jemand um diese miesepetrigen Olympia-Gegner. Alles wollen die uns verderben, sind gegen den Bau neuer Turnhallen und haben was gegen Geldverdienen. In Wirklichkeit sind die aber doch nur deshalb gegen die Spiele, weil sie einfach keine Feste feiern können. Mein Nachbar, der Horst, der ist auch so'n Spielverderber. Noch nie ist der zu einer Fete von mir gekommen, und Fußball habe ich den auch noch nie spielen sehen. Den gelben Aufkleber mit dem süßen Bärengesicht hat der auch nicht an seiner Wohnungstür kleben. Ich glaube, den muß ich mal bei Eurer Nummer 699-36 152 oder -36 153 melden – Nachnamen und Adresse habe ich ja.
Vielleicht könnt Ihr ja noch ein paar Telefone mehr aufstellen. Denn meine Freunde wollen bestimmt auch alle mitmachen. Und zu melden gibt es ja wirklich viele. Axel von der Olympia GmbH hat ja gestern erst wieder gesagt, daß immer noch 35 Prozent der Berliner sich nicht an den Spielen im Jahr 2000 erfreuen können. Jeder dritte also. Wenn alle Wettkampfbegeisterten mitmachen, dann haben wir bis zum Besuch des Olympiakomitees am kommenden Wochenende bestimmt 'n paar tausend Spielverderber im Computer. Und Onkel Dieter hat ja schon gesagt, daß das dann ein ganz großer Polizeieinsatz werden soll. Die Querulanten sperren wir das Wochenende über dann alle ins Olympiastadion. Vielleicht können die Kollegen vom Polizeisportverein den Leuten mal zeigen, wieviel Spaß Tore schießen bringt. Und aufpassen können doch unsere freiwilligen Polizeireservisten. Das macht bestimmt einen guten Eindruck in der Bevölkerung.
Nur eins ist mir nicht klar. Warum soll sich Berlin für Olympia 2000 überhaupt bewerben? Bei uns haben die Spiele doch längst begonnen. Euer Telefonist und Sportsfreund Dirk Wildt
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