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Oligopoly in der Seeschiffahrt

■ Bremisch-Rostocker Linien-Dienst will den Konkurrenten Hamburg umzingeln

In der vergangenen Woche verkündete die bremische Staats-Reederei „Senator-Linie“, daß sie rückwirkend zum 1. Januar mit der „Deutsche Seereederei Rostock“ fusioniert habe (taz v. 13.8.94). Danach sind Senator-Linien und DSR in der „DSR Senator Lines Holding GmbH“ zur größten deutschen Seereederei zusammengefaßt.

Gestern ging es auf der Landespressekonferenz mit Karl-Heinz Sager, dem bisherigem Sprecher der Senator Linie, und Rolf Stuchtey, dem Vorstandsvorsitzenden der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft, zur Lage der internationalen Seeschifffahrt im Allgemeinen und den daraus abgeleiteten „Chancen und Risiken für die Häfen des Landes Bremen“ im Besonderen.

„The bigger, the better“ ist da das Credo. „Weltweit wird es zu Konzentrationen auf sechs bis sieben große Gruppen kommen, die im Jahr 2000 die Musik machen werden“, meint Sager. Und die spielt auf den Ost-West-Routen, zwischen Europa und Asien. Die Bremer Häfen klimpern da eher leise: Nur 25 Prozent entfallen auf den Container-Linienverkehr mit Asien, 60 Prozent gehen über den für Bremen traditionell starken Atlantikverkehr nach Nordamerika.

Die ewige Konkurrenz Hamburg hat auch im Asienverkehr die Nase vorn, 70 Prozent der an der Elbe umgeschlagenen Container gehen zu den asiatischen Tigern, um die 30 Prozent nach Amerika. Auch rechnet man in Hamburg mit Millionen TEUs (Standardcontainer), in Bremen muß sich Rolf Stuchtey mit hunderttausender Mengen begnügen. Aber der Umschlag über Bremer Häfen wächst nach Stuchteys Meinung stärker, zumindest „im Verhältnis“.

Der Hamburger Hafen hat in den vergangenen Jahren durch die deutsche Wiedervereinigung zugelegt und dem maroden Rostocker Hafen die Frachten genommen. Stuchteys Urteil über die Hamburger ist hart: „Das war keine Tüchtigkeit, sondern Glück“. Jetzt stünde auch der Rostocker Hafen gut da, „es herrschen wieder gesamtdeutsche Verhältnisse“.

Und Hamburg ist jetzt von der bremisch-rostocker Linie eingerahmt: Bremerhaven im Westen soll den Überseeverkehr abkappen, Rostock die Transportwege in die baltischen Staaten und nach Skandinavien besetzen. Die geschätzten Verluste in zweistelliger Millionenhöhe, mit der die neue DSR Senator-Linie 1995 rechnen muß, zahlen sich also allemal aus.

Seehäfen haben nur eine Chance, im Wettbewerb zu bestehen, wenn sie tidenunabhängig erreichbar sind, sagt Stuchtey. Für Bremerhaven bedeutet das, daß die Außenweser 1997/98 vertieft werden muß. In Rostock muß der Hafen weiter ausgebaut werden. Stuchtey will dort weiter aktiv bleiben und freut sich schon jetzt über das Bremer Engagement der vergangenen Jahre.

Wenn Container-Schiffe vor Bremerhaven auf die Flut warten müßten, könnten sich die Reeder für Hamburg entscheiden. Denn der Wettbewerb ist knallhart: „Reeder können heute keine höheren Raten nehmen, sondern müssen über die Kosten sparen“, sagt Karl-Heinz Sager. Vor 20 Jahren habe die Rate für einen Container bis zu zehn Prozent des Warenwertes ausgemacht, heute seien es oft nicht mehr als ein Prozent. Die fusionierte DSR Senator Linie habe jetzt gute Chancen, „die Dinge aktiv zu verfolgen“. „Enorme Synergie-Effekte“ sieht er am Horizont. Denn Profit ließe sich nur noch über Mengen einfahren. „Wenn eine große Gruppe mit 200.000 Containern auf Bremerhaven zusteuert dann kriegen die andere Preise als wenn die Senator-Linie mit 80.000 ankommt“, sagte der Sprecher der noch im letzten Jahr defizitären Linie. fok

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