berliner szenen: Oje, wo ist das Kuscheltier?
Beim Einschlafen ruft meine Tochter: „Wo ist eigentlich Sloth?“, und beginnt nach ihrem Lieblingskuscheltier zu gucken. Doch das Faultier ist nicht aufzufinden. Weder in ihrem Bett noch dahinter oder darunter. Ich versuche sie zu beruhigen: „Er versteckt sich irgendwo.“ Dabei bin ich mir dessen nicht so sicher. Das letzte Mal bewusst gesehen habe ich ihn nachmittags im Ikea-Restaurant. Danach hatten wir keine Minute Ruhe: Erst hat meine Tochter einen Klassenkameraden und seine vier Geschwister entdeckt, dann waren wir Bücherregale aussuchen und haben sie, als eine E-Mail der Post kam, dass ein verspätetes Geburtstagsgeschenk für meine Tochter binnen der nächsten Minuten eintreffen wird, in Windeseile nach Hause geschleift. Dort haben wir erst Regale aufgebaut und dann gleich Besuch bekommen.
Am nächsten Morgen sagt meine Tochter beim Aufwachen: „Wenn mein Sloth weg ist, habe ich nie wieder einen guten Tag!“ Ich denke an mein erstes Lieblingskuscheltier, einen Affen, den ich im Zoo verloren habe, und verspreche ihr, alles daranzusetzen, ihren Sloth wiederzufinden. Erst durchkämme ich die Wohnung. Sobald Ikea öffnet, frage ich dort nach, ob er gefunden wurde, und suche, als die Mitarbeiter*innen verneinen, das ganze Möbelhaus ab. Vergeblich. Die Mitarbeiter*innen aber sind rührend. Sie lassen sich meine Telefonnummer geben und versprechen, auch noch einmal überall nachzusehen. Die eine meint: „Das ist schlimm. Ich habe das Lieblingskuscheltier meines Sohns gleich dreimal gekauft.“ Ich muss schlucken. Mit einem Mal vermisse ich den Sloth selbst. Dabei hat er oft genervt: Er spricht wie Pumuckl. Nur lauter und schriller.
Zu Hause beschließe ich gerade, Fahndungsplakate zu machen, als ich den Sloth beim Putzen im Hundebett finde: voller Haare, aber heil. Eva-Lena Lörzer
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