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„Offener Himmel“ für Supermächte

■ Grundsatzrede des US-Präsidenten: Handelserleichterungen für UdSSR gegen freie Auswanderung

Washington (dpa) - US-Präsident Bush hat gestern der Sowjetunion vorgeschlagen, eine „Politik des offenen Himmels“ mit regelmäßigen Beobachtungsflügen über Ost und West einzuleiten. In einer mit Spannung erwarteten Grundsatzrede über die künftigen Beziehungen zur UdSSR bot Bush den Sowjets am Freitag vor Studenten der Universität Texas-AM-Universität bei Houston außerdem an, Handelssanktionen für mindestens ein Jahr aufzuheben, falls Moskau eine ungehinderte Auswanderung zuläßt. Der US -Präsident bezeichnete es als das Ziel seiner Politik, „die Eingliederung der Sowjetunion in die Gemeinschaft der Nationen zu suchen“. Bush versprach, die Vorschläge der Sowjets „Schritt für Schritt mit unseren eigenen zu beantworten. Unser letztes Ziel ist es, die Rückkehr der Sowjetunion in die Weltordnung zu begrüßen“. Bush sagte, die westliche Nachkriegspolitik der Eindämmung (containment) habe Erfolg gehabt. Für die Zukunft verlangte Bush von den Sowjets weitere positive Schritte: Dazu gehöre die weitere Verringerung der sowjetischen Streitkräfte. Weiterhin verlangte der US-Präsident eine ausdrückliche Absage an die Breschnew-Doktrin. Es sollte eines Tages möglich sein, von Moskau nach München zu reisen, ohne einen einzigen Wachturm, auch nur ein Stück Stacheldrahtverhau zu sehen. Kurz - den Eisernen Vorhang niederreißen. Ein dauerhafter politischer Pluralismus und Respekt für Menschenrechte müßten erreicht werden. „Wir sind beeindruckt von begrenzten, aber mit freiem Wettbewerb erfolgten Wahlen. (...) Herr Gorbatschow, hören Sie hier nicht auf“, sagte Bush.

Bush schlug konkret vor, eine Idee des amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower aus dem Jahre 1955 über einen „offenen Himmel“ zwischen Warschauer Pakt und Nato aufzunehmen, „aber auf breiterer, eindringlicher und radikalerer Grundlage“. Danach sollen unbewaffnete Maschinen regelmäßig Beobachtungsflüge unternehmen und „Glasnost“ im militärischen Bereich bringen.

Beamte des Weißen Hauses nannten die beiden Angebote ein Beispiel dafür, daß Bush eine „offene Hand“ ausstrecke und den sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow zur Partnerschaft einlade. Sie seien Ergebnisse der rund vier Monate dauernden Überprüfung der Politik gegenüber der Sowjetunion.

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