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Offener Dissens ist besser als Rücktritt

betr.: „Rücktritt von Bischöfen möglich“, taz vom 27. 9. 99

Ein interessantes Phänomen in der römisch-katholischen Kirche: Wenn Bischöfe sich klar darüber sind, dass sie zu einer anderen Gewissensentscheidung kommen als der alte Mann in Rom, denken sie um der Einheit ihrer Kirche willen lieber darüber nach zurückzutreten, als sich mit der Mehrheit ihrer Glaubenden zusammenzuschließen und den offenen Dissens mit den fundamentalistischen Sturköpfen zu wagen. Ein ähnliches Phänomen gab es schon vor ca. 130 Jahren, als viele (deutsche!) Bischöfe 1870 auf dem ersten vatikanischen Konzil nicht mit den dort verkündeten neuen Dogmen der Unfehlbarkeit und der obersten Richtergewalt des Papstes übereinstimmen konnten. Sie blieben ganz einfach der Schlussabstimmung fern, um nicht eventuell gegen diese Dogmen stimmen zu müssen und damit einen deutlichen Widerspruch zum Papst zu erklären. In den Folgejahren kippte dann einer nach dem anderen um. Von Emanzipation keine Spur. Dipl. Theol. Walter Jungbauer, Neubrandenburg

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