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Offener Brief an die Veranstalter

Liebe Ira, liebe Rocky und lieber Arnold,

wir schreiben Euch diesen Brief, weil wir über die Entwicklung des Miteinanders in den letzten Monaten entsetzt sind. Man stelle sich vor: Zwei Organisationen, die Aids-Hilfe Bremen und das Rat-und-Tat-Zentrum kämpfen ums Überleben. Gleichzeitig beobachten wir, dass die Agenturen, die aus Gründen des sozialen Engagements mit diesen Vereinen zusammenarbeiten, einander die Arbeit erschweren, indem sie Parties parallel legen, Plakate des anderen überkleben, und indem sie mit Rechtsmitteln drohen. Obwohl die Zusammenarbeit miteinander auch in der Vergangenheit nicht immer einfach war, haben dennoch alle Veranstalter die Termine des Anderen respektiert, sodass es keine Überschneidungen gab. Jetzt ist aber die Situation eingetreten, dass Termine ohne Rücksicht auf andere wohltätige Veranstaltungen parallel gelegt werden, mit der Folge, dass die Besucherzahlen allgemein zurückgehen, was in finanzieller Hinsicht negative Folgen für die oben genannten Vereine hat, die ihr ja angeblich mit eurem Engagement unterstützen wollt. Nun beschuldigt jede Gruppe die jeweils andere, sie sei Schuld an der Misere. Es ist nicht unser Anliegen, zu ermitteln, wer Schuld ist, wir stellen aber fest, dass es sich hierbei um eine absolute Provinzposse handelt.

Stand.Up e.V. ist ein Verein, der im Gegensatz zu den oben genannten ehrenamtlich arbeitet und mit großem Erfolg die Stand.Up-Parties im Magazinkeller durchführt. Die queer it! hat sich sogar zu der größten schwul-lesbischen Party der Region gemausert. Im Oktober feierten auf dieser Veranstaltung 1.800 Schwule und Lesben. Hier konnten sich diverse Gruppen darstellen, unter anderem auch die Event Agentur dcm und die Agentur InterNett, die sicherlich auch einen Anteil am Erfolg dieser Feier haben.

Wer würde auf seine Party einen Veranstalter einladen, der seiner Konkurrenz wiederum mit dem Anwalt droht und versucht, ihn mit allen Mitteln zu bekämpfen? Wir jedenfalls nicht! Das erwirtschaftete Geld wird dringend für Projekte und Initiativen benötigt, die sich selbst nicht tragen können und die in Zeiten leerer Kassen auch auf öffentliche Mittel nicht mehr zu hoffen brauchen.

Wir haben in der Vergangenheit zum Teil gut mit Euch zusammengearbeitet und würden dies auch gern in Zukunft tun. Angesichts Eurer Streitigkeiten halten wir es aber für angebracht, Euch an der kommenden queer it! nicht zu beteiligen. Euer Beitrag wird von nicht-kommerziellen Gruppen, die dringend Geld benötigen, und ehrenamtlichen Helfern geleistet werden müssen. Wenn Konkurrenzveranstaltungen durchgeführt werden, dann bedeutet dies sicherlich auf den ersten Blick eine Erweiterung des Angebots für Schwule und Lesben in Bremen. Wer dies aber völlig ohne Rücksicht auf andere Veranstaltungen tut, insbesondere denen, die der schwul-lesbischen Szene zu Gute kommen, der sollte sich des Schadens, den er/sie damit anrichtet, bewusst sein. Vielleicht könnt ihr Euch aber auch friedlich einigen, vielleicht finden alle eine Lösung, um Bremen nicht als tiefste Provinz nach innen und nach außen erscheinen zu lassen.

Mit friedlichen, solidarischen und kollegialen Grüßen

Ingo Matthias, Lars Nolte, Stand.Up e.V., Kultur- und Kommunikationsverein für Schwule und Lesben in Bremen

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