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Österreichischer Künstler malt Fritzl-Porträt"Ich banalisiere nichts"

Der österreichische Künstler Florian Nährer hat dem wegen Inzest angeklagten Josef Fritzl ein Popart-Gemälde gewidmet. Kritiker werfen ihm eine Banalisierung des Bösen vor.

Nährers Gemälde: "Wenn man will, dass die Menschen nachdenken, muss man klare Worte sprechen." Bild: Florian Nährer

taz: Wie würden Sie Ihre Stilrichtung beschreiben?

Bild: privat

FLORIAN NÄHRER, 32, Künstler, Theologe und Lehrer für Bildnerische Erziehung, lebt in St. Pölten.

Florian Nährer: Eine eigentliche Stilrichtung gibt es nicht. Ich bewundere Maler wie Martin Kippenberger, Sigmar Polke, David Hockney, um nur einige zu nennen, die wahrscheinlich großen Einfluss auf meine Malweise haben.

Warum haben Sie sich ausgerechnet Josef Fritzl als Motiv ausgesucht?

Vorweg: Was Josef Fritzl seiner Familie angetan hat ist grausam, menschenverachtend und zu verurteilen. Es geht mir nicht darum, die Tat Fritzls zu entschuldigen oder zu relativieren. Wäre ich Amerikaner, gäbe es andere Ikonen des Bösen, die ich als Motiv ausgewählt hätte. Greueltaten gibt es ja bekanntlich auf der ganzen Welt.

Finden Sie es nicht makaber, einen Mann, der Familienmitglieder jahrzehnte im Keller eingesperrt hat, in einem Kunstwerk zu verewigen?

Fritzl ist bereits durch die Medien verewigt. Die Zeitungen und Fernsehstationen haben ihm bereits ein Denkmal gesetzt. Ich habe lediglich seine Öffentlichkeit benutzt und sein Porträt ein anderes Medium übersetzt.

Was sehen Sie in diesem Mann?

Josef Fritzl ist mir egal.

Ist ihr Kunstwerk eine kalkulierte Provokation?

Provokation klingt so negativ. Wenn man will dass die Menschen nachzudenken beginnen, muss man klare Worte sprechen, sonst kann nichts entstehen.

Sind die Kritiker vielleicht auch deshalb so harsch, weil Sie den "Fall Fritzl" wachhalten und verhindern, dass dieser als 'unschöne Episode' schnell in Vergessenheit gerät?

Wahrscheinlich. Dazu kommt ja noch die Tatsache, dass beide Vorfälle in Niederösterreich geschehen sind. Wochenlang haben sich die Menschen mit Details über die beiden Fälle zugeschüttet. Jetzt sind sie satt und wollen nichts mehr davon hören, vor allem nicht in der Kunst.

Kritiker werfen Ihnen vor, Sie würden die "Banalisierung des Bösen" betreiben.

Das stimmt so natürlich nicht. Das Böse ist böse, ich banalisiere nichts. Ich habe wiederholt gesagt, dass die Tat Fritzls zu verurteilen und abzulehnen ist. Er soll nur ein Extrembeispiel für die Tatsache der Sünde sein. Ich hätte irgendjemand anderen, der etwas Schreckliches gemacht hat auch porträtieren können. Fritzl hat sich angeboten, weil er aus Niederösterreich ist und jetzt in St. Pölten inhaftiert ist, er ist jetzt St. Pöltner. Ein inhaltlicher Aspekt meiner Arbeit ist die Zusage Gottes, jedem unabhängig seiner Taten zu vergeben, aber er muss aus ganzem Herzen bereuen, sonst gibt es keine Vergebung - das ist eine Provokation Gottes die für uns alle gilt, nicht nur für Fritzl.

Darf Kunst per se erstmal alles? Oder gibt es Motive oder Situationen, die Sie nicht malen würden?

Kunst darf alles, was sich im Rahmen der gesetzlichen Legalität bewegt. Warum kritisiert niemand die Zeitungen, die Millionen von Fritzl-Porträts unter das Volk gebracht haben?

Haben Sie schon Reaktionen von Betrachtern bekommen?

Ja, viele positive, aber auch negative. Doch wenn ich die Gelegenheit hatte meine Position zu erklären, verstanden auch die einfachsten Menschen, warum es mir geht.

Würden sie sich das Bild ins Wohnzimmer hängen?

Nein. Kunst muss per se nicht fürs Wohnzimmer gemacht sein. Man kann sich auch nicht "Judith und Holofernes" von Carravaggio ins Wohnzimmer hängen, denn die Enthauptung ist zu grausam dargestellt.

Gibt es denn schon Interessenten?

Ja, es gibt schon Interessenten.

INTERVIEW: DÖRTE SCHÜTZ

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