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Österreich gegen DeutschlandLosglück für die Vergesslichen

Kommentar von Stefan Kraft

Jubel bei den Nachbarn: Bei der EM 2008 trifft die isolierte Fußballnation auf Deutschland und nicht ein einziges Mal auf die Färöer.

Die Nationaltrainer der Gruppe B mit dem Turnierpokal. Bild: dpa

Wir Österreicher vergessen schnell. Wir haben zum Beispiel schon vergessen, dass wir einst einen Präsidenten wählten, der sich nicht erinnern konnte, was er während des Zweiten Weltkriegs getan hatte. Diese Vergesslichkeit verhalf ihm unter anderem zum Posten eines UN-Generalsekretärs. Was die österreichische Fußballnationalmannschaft betrifft, so haben wir bei aller EUROphorie, die dieses Land gnadenlos heimsucht, längst vergessen, dass sie international so isoliert ist, wie es dieser Präsident einst war. (Auswärtsfahrten waren ihm zum Ende seiner Amtszeit nur mehr in die kleinen Fußballnationen wie Syrien und den Irak erlaubt).

Jedoch sind zwei historische Begegnungen bombenfest in unserem Gedächtnis verankert, die mit den wichtigsten Ortsnamen in der österreichischen Geschichtsschreibung nach "Königgrätz" verbunden sind: Die Partien von Landskrona im Jahr 1990 und Córdoba bei der WM 1978. Synonym mit diesen Ereignissen ist der Name des jetzigen österreichischen Teamchefs Josef Hickersberger. Nach der 0:1-Niederlage gegen die Färöer-Inseln beendete er möglichst schnell seine erste Amtszeit als Nationaltrainer, nach dem 3:2-Sieg gegen Deutschland setzte er seiner Karriere als Teamspieler ein Ende.

Als Österreich vor eineinhalb Wochen bei der Auslosung zur WM-Qualifikation mit den Färöern in eine Gruppe gelost wurde, war das Entsetzen groß. Als eine Woche später Deutschland als Gruppengegner bei der EM 2008 gezogen wurde, kippte die Stimmung innerhalb weniger Augenblicke und spontaner Jubel brandete aller Orten auf. Das Schicksal hat es diesmal gut mit uns gemeint: Dank der Auslosung treffen wir auf dem Weg ins Finale nicht ein einziges Mal auf die Färöer und können im letzten Gruppenspiel gegen Jausengegner Deutschland die entscheidenden Punkte holen.

Wenn das unser Expräsident erlebt hätte! Denn ihm wäre sicher (neben so vielem anderen) entfallen, dass wir schon 1982 in einer spanischen Ortschaft (deren Name Geschichte ist) bei einem letzten Gruppenspiel gegen Deutschland antreten mussten. Wie das damals ausging, haben wir längst vergessen. So wie die taz-Leser diesen Kommentar im Juni 2008.

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