Ölkatastrophe im Golf von Mexiko: Neue Glocke überm Loch
Der Konzern BP installiert eine größere Absaugglocke, um die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko einzudämmen. Die USA haben indes ein neues Moratorium für Tiefseebohrungen erlassen.
WASHINGTON dpa/apn/afpDer Ölriese BP schürt Hoffnung auf eine endgültige Eindämmung der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Ingenieure stülpten am Montag nach Angaben des Konzerns eine neue Absaugglocke über das lecke Bohrloch, die das ausströmende Öl in wenigen Tagen vollständig auffangen könnte. US-Krisenkoordinator Thad Allen sprach von "erheblichen Fortschritten" im Kampf gegen die Katastrophe.
Live auf der BP-Website veröffentlichte Videobilder zeigten, wie Unterwasserroboter auf den 1,6 Kilometer tiefen Meeresgrund gleiteten, um die Absaugglocke "Top Hat 10" über das Bohrloch zu stülpen. Die neue Vorrichtung passt genauer als die vorherige Absaugglocke, die am Samstag entfernt wurde. "Wir müssen sicherstellen, dass das Öl nicht neben dem Bohrloch ausströmen kann", sagte BP-Manager Doug Suttles.
"Wir haben erhebliche Fortschritte gemacht", sagte Allen. "Diese Absaugglocke hat die Kapazität, die Ventile endgültig zu schließen und das Öl nach und nach einzudämmen." BP äußerte sich vorsichtiger. Auch wenn das Ausfließen des Öls durch die neue Vorrichtung gestoppt werden könne, bedeute dies nicht, dass das Leck für immer verschlossen sei, erklärte das Unternehmen. Eine derartige Absaugglocke sei noch nie in so großer Tiefe installiert worden. Bei einem Scheitern setzt der Konzern auf zwei Entlastungsbohrlöcher, die Anfang August fertiggestellt sein sollen.
Noch ist unklar, ob die Vorrichtung den extremen Druck des ausströmenden Öls in 1.600 Meter Tiefe aushält. Drei Ventile sollen dazu vorsichtig geschlossen werden. Ein zu schnelles Vorgehen könnte nach Angaben von Experten eine neue Explosion verursachen und die Bemühungen zunichtemachen.
Der Konzern hofft, mit der neuen Absaugglocke dem seit 13 Wochen andauernden Desaster ein Ende zu setzen. Die BP-Plattform "Deepwater Horizon" war am 20. April explodiert und zwei Tage später gesunken. Dies verursachte die größte Ölkatastrophe in der US-Geschichte. Insgesamt strömten bislang nach Schätzungen zwischen 2,1 und 4,1 Millionen Barrel Öl ins Meer. 749.100 Barrel davon fing BP bislang nach eigenen Angaben auf.
Unterdessen erließ die US-Regierung ein neues Moratorium für Tiefseebohrungen. US-Innenminister Ken Salazar erklärte in Washington, bis zum 30. November werde es keine weiteren Bohrungen geben. Als Begründung führte Salazar an, dass es der Industrie bislang nicht gelungen sei, die Ölpest in den Griff zu bekommen.
Erst vergangene Woche war US-Präsident Barack Obama vor einem Berufungsgericht in New Orleans mit seinem Plan gescheitert, einen Stopp für die Tiefsee-Ölbohrungen ab einer Gewässertiefe von 152 Metern durchzusetzen. Bereits im Juni hatte ein Bundesgericht einen vom US-Präsidenten verhängten Öl-Bohrstopp per einstweiliger Verfügung aufgehoben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen