piwik no script img

Occupy-Camps in den USAIn Kampfuniform zur "Reinigung"

Die US-amerikanische Polizei bemüht sich, die Camps der Occupy-Bewegung zu entfernen. Die Bewegung hat ihre Aktionen längst diversifiziert.

Am Wochenende wurde in den Occupy-Camps aufgeräumt. Bild: reuters

WASHINGTON taz | "Reinigung", "Sicherstellung der Meinungsfreiheit" und "Störungsbeseitigung" nennt die Parkpolizei in der US-Hauptstadt ihre Einsätze vom Wochenende. Am Samstag und Sonntag hat sie Polizisten in Kampfuniform, Polizisten zu Pferde und Stadtreiniger in Plastikuniformen durch die beiden Occupy-Camps geschickt.

Auf beiden Plätzen haben sie zahlreiche Zelte abgerissen, in denen "Regelverstöße" stattgefunden haben sollen. Insbesondere nächtlicher Schlaf. Bei Handgemengen erlitten mehrere Personen Verletzungen. Mindestens elf Personen wurden verhaftet.

"Dies ist keine Räumung", erklärte der Chef der Einsatztruppe, die um 5.40 Uhr am Samstagmorgen den McPherson Square umzingelte. Es ginge um Hygiene, und die Besetzer sollten sich an die Auflage halten, auf den Plätzen ihr Recht auf Meinungsfreiheit zu nutzen, nicht aber dort zu schlafen.

Als die Polizei im Morgengrauen zum McPherson Square kam, einem Platz in Rufweite des Weißen Hauses, waren zahlreiche Besetzer tatsächlich wach. Sie befanden sich seit Anfang Februar in einem "Schlafstreik".

Am Sonntagnachmittag kam die Reihe an das Occupy-Camp auf der Freedom Plaza, ein paar Häuserblöcke weiter. Der Platz ist seit dem 7. Oktober - dem 10. Jahrestag des Beginns des Afghanistankrieges - besetzt. Auch dort riss die Polizei zahlreiche Zelte ab. Und versicherte zugleich, sie wolle die Protestaktion nicht beenden, sondern "sicherer" machen.

Tote Ratten und Urin in Flaschen

Die Polizei behauptet, sie habe auf den Plätzen Kadaver von Ratten sowie "Urin in Flaschen" gefunden. Platzbesetzer hingegen berichten von Inspektionen der städtischen Nahrungsmittelbehörde, die der Kollektivküche von Freedom Plaza eine bessere Hygiene als den meisten Restaurants von Washington bescheinigt hätten.

Die beiden Polizeieinsätze in der US-Hauptstadt sind die jüngsten Versuche, die Occupy-Bewegung aus dem Straßenbild zu entfernen. Die Bewegung hatte am 17. September mit der Besetzung des Zuccotti-Parks im Finanzdistrikt von Manhattan begonnen. Der Protest gegen den Einfluss von Banken und Unternehmen auf die Politik und gegen die galoppierende soziale Ungleichheit sowie der Slogan: "Wir sind die 99 Prozent" breitete sich wie ein Lauffeuer durch die USA aus. Landesweit kam es binnen weniger Tage zu Tausenden von Demonstrationen und Besetzungen.

Nach spektakulären Räumungen in großen Städten wie New York und Los Angeles Ende vergangenen Jahres haben seit Januar an weiteren - weniger großen - Orten Räumungen stattgefunden. Unter anderem in Des Moines, der Hauptstadt von Iowa, und in Miami in Florida. Im kalifornischen Oakland, wo Hunderte von Gebäuden im Stadtzentrum leer stehen, verhinderte die Polizei mit einem martialischen Einsatz, dass die Occupy-Bewegung eines dieser Gebäude zu ihrem Hauptquartier machte. Die Polizei nahm dabei mehr als 400 Personen fest.

Intern hat sich die Occupy-Bewegung längst diversifiziert. Unter anderem begleiten sie den Vorwahlkampf der Republikaner mit Demonstrationen, besetzten unternehmerische und politische Symbole und protestieren gegen die Zwangsräumungen von Häusern. An zahlreichen Orten hat die Occupy-Bewegung überdachte Winterquartiere bezogen. Dabei handelt es sich nicht selten um Räume, die begüterte Mäzene - Angehörige der "1 Prozent" - der Bewegung zur Verfügung stellen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!