Obama in Russland: Betont harmonische Begegnung

Das Ende von "Misstrauen und Rivalität" markiere ihr Treffen, verkündeten Obama wie Medwedew betont optimistisch. Doch den großen Konflikt um die Raketenabwehr konnten sie nicht beilegen.

Bitte recht freundlich: Obama und Medwedew machen gut Wetter. Bild: dpa

MOSKAU dpa | Die USA und Russland schlagen ein neues Kapitel in ihren Beziehungen auf: Eine Reihe von Vereinbarungen wie etwa über nukleare Abrüstung, US-Nachschubwege für den Afghanistankrieg sowie eine Wiederaufnahme militärischer Zusammenarbeit seien Belege für den "Neustart" zwischen beiden Staaten, betonten US-Präsident Barack Obama und sein russischer Kollege Dmitri Medwedew am Montag in Moskau.

"Unsere Länder wollen eine Zusammenarbeit, die dem 21. Jahrhundert entspricht", sagte der russische Präsident. Der Neuanfang bedeute das Ende einer Zeit von "Misstrauen und Rivalität", meinte Obama.

Die beiden Staatschefs würdigten vor allem die Bedeutung eines Nachfolgeabkommens für den im Dezember auslaufenden START- Abrüstungsvertrag über strategische Atomwaffen. Beide Seiten streben nun eine Verringerung dieser Waffen von bisher maximal 2200 auf je 1500 bis 1675 an.

Nach dem auslaufenden Vertrag konnten beide Seiten bisher über jeweils maximal 1600 Trägersysteme verfügen, diese Zahl soll jetzt auf 500 bis 1100 reduziert werden.

Allerdings drohten schon Stunden nach der gemeinsamen, betont harmonischen Pressekonferenz alte Gegensätze wieder aufzubrechen. Medwedew hatte darauf verwiesen, dass bei den Abrüstungsgesprächen sowohl Angriffs- als auch Abwehrwaffen erörtert werden sollen. "Dieser direkte Bezug war noch vor kurzem völlig umstritten", sagte er.

Aus russischer Sicht wird auch das geplante und heftig umstrittene US-Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien in die Beratungen über START einbezogen: "Unsere amerikanischen Partner haben eine Pause eingelegt, um die Situation zu prüfen und ihr abschließendes Fazit zu ziehen", sagte Medwedew.

Das Weiße Haus betonte jedoch kurze Zeit später, dass die USA und ihre Alliierten auf jeden Fall ihre Raketenabwehr in Europa angesichts der wachsenden nuklearen Bedrohung durch den Iran verstärken wollten. Offen sei lediglich, wo die Raketen am sinnvollsten aufgestellt werden, betonte der Obama-Berater und Abrüstungsexperte Gary Samore.

Sollte Russland einen Erfolg bei den Abrüstungs-Verhandlungen mit der Forderung nach einem Verzicht auf ein US-Raketenabwehrsystem in Europa verbinden, werde es kein START- Nachfolgeabkommen geben, so Samore. Russland würde selbst nach einer weiteren Reduzierung der Sprengköpfe und der Trägerraketen angesichts der relativ kleinen Zahl geplanter US-Abwehrraketen in Polen und Tschechien in ihren Angriffskapazitäten nicht substanziell eingeschränkt.

Aus US-Sicht berührt das geplante System zwar in keiner Weise russische Sicherheitsinteressen, aber er wisse "um die große Sensibilität" Moskaus in dieser Frage, sagte Obama. Die Raketenabwehr sei nicht als Schutz vor Russland, sondern vor Ländern wie dem Iran oder Nordkorea gedacht. Beide Seiten würden nun ihre Bemühungen intensivieren, einen "optimalen Weg für die strategischen Beziehungen auf der Basis von gegenseitigem Respekt und Interessen" zu finden, heißt es in der bilateralen Erklärung.

In Expertengesprächen sollten alle Möglichkeiten der Zusammenarbeit geprüft werden, um die weltweiten Raketenprogramme zu beobachten. Dazu soll ein gemeinsames Zentrum für Datenaustausch geschaffen werden, das als Basis für ein multilaterales Benachrichtigungssystem über Raketenstarts fungieren soll.

Die Präsidenten unterzeichneten auch ein Abkommen über Nachschubwege von US-Militärgütern für den Afghanistan-Einsatz über russisches Territorium. Er sei dafür besonders dankbar, sagte Obama. Man rufe andere Staaten auf, an der Stabilisierung Afghanistans mitzuwirken, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

Das Weiße Haus hofft, mit dem Transit durch Russland rund 133 Millionen Dollar zu sparen. Russland fürchtet eine Zunahme von extremistischem Terror an seiner Südflanke und unterstützt deshalb das Vorgehen gegen die Taliban. Ein eigenes militärisches Engagement schließt Moskau aber mit Verweis auf den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan 1979 aus.

Russische und amerikanische Militärs planen für die Zukunft gemeinsame Manöver. Das sei in einem am Montag in Moskau unterzeichneten Rahmendokument über die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften beider Länder vorgesehen, sagte der Generalstabschef der russischen Streitkräfte, Armeegeneral Nikolai Makarow laut der russischen Agentur RIA Nowosti.

Auch wenn beide Seiten in manchen Bereichen - wie beispielsweise dem möglichen NATO-Beitritt Georgiens - nicht übereinstimmten, seien Moskau und Washington gleichermaßen bestrebt, zu konstruktiven Lösungen zu kommen, betonte Obama.

Der US-Präsident kündigte einen weltweiten Nukleargipfel im kommenden Jahr in den USA an. An dieser Konferenz sollen alle Staaten teilnehmen, die mit dem Thema der nuklearen Aufrüstung konfrontiert sind. Russland könne sehr wohl Gastgeber eines Folgegipfels werden. Russland und die USA müssten bei der nuklearen Abrüstung und Begrenzung der Weiterverbreitung nuklearer Waffen gemeinsam die Führung übernehmen.

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