ORTSTERMIN: PETER ALTMAIER WIRD NEUER OLDENBURGER GRÜNKOHLKÖNIG : „Schönes Schwein“
Die Veranstaltung ist ganz nach Peter Altmaiers Geschmack. Für seine Rede in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin gibt’s stürmischen Beifall, für Scherze über seine Leibesfülle Gelächter, für seine Niederländisch-Einlage anerkennenden Applaus. Es geht um Politik, auch und irgendwie jedenfalls, zwischen dem dritten und dem vierten Bier – und falls Journalisten in Hörweite sind, ist das halb so wild, denn die haben dann auch schon einen in der Krone.
Zum 56. Mal kürt die Stadt Oldenburg ihren Grünkohlkönig, dieses Mal darf sich der CDU-Umweltminister über die Ehre freuen. „Schönes Schwein“, sagt er zum Messing-Borstenvieh an der Kette, die er von seinem Vorgänger Günther Oettinger übernimmt. Mehr noch freut er sich vielleicht über die damit einhergehende Pressepräsenz, denn das „Defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten“ schafft es Jahr für Jahr in Blätter und Sendeformate in der ganzen Republik – zum einen, weil diese Veranstaltung für Nichtoldenburger so schön schräg wirkt; zum anderen, weil Redakteure landauf, landab neuerdings von einem Umstand profitieren, über den sich Oldenburger schon seit langem beömmeln: Den „Fluch des Kohlkönigs“, der ein baldiges Ende der politischen Karriere androht. Schavan, Guttenberg, Wulff – alle waren sie vor gar nicht langer Zeit mal Kohlkönig; und die Ex-Majestäten Westerwelle, Rösler oder Steinmeier sind zwar noch nicht erledigt, haben aber schon bessere Zeiten gesehen.
Altmaier ficht das nicht an, er sieht sich lieber in der Tradition von Königen wie Helmut Kohl oder Sigmar Gabriel: „So gewichtige Personen wie uns trägt es nicht so schnell aus der Kurve“, sagt er in seiner Antrittsrede, die direkt auf das gemeinsame Absingen der Hymne „Heil dir o Oldenburg“ folgt. Das Lied enthält auch die Zeile „Gott schütz dein edles Ross“, und wer noch eine Steilvorlage für Witze brauchte, hat sie angesichts der Pinkelwurst auf den Tellern spätestens dann bekommen.
Während Altmaier bereits der fünfte Kohlkönig in Folge ist, der dem schwarz-gelben Lager entstammt, sorgen dieses Mal die geladenen Mitglieder der neuen rot-grünen niedersächsischen Landesregierung für so etwas wie frischen Wind. Aber an diesem Abend haben sie sich alle lieb, eine Stichelei hier, ein Scherz dort; es dürfte die lockerste Form sein, Wahlkampf zu betreiben. Man könne doch Grünkohl auf dem Großflughafen BER anbauen, sagte Altmaier zum abwesenden Klaus Wowereit, da könne er jahrzehntelang ungestört wachsen. Und wenn der neue niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil der Strompreisbremse zustimme, werde er, Altmaier, dafür sorgen, dass „Grünkohl in die Liste erneuerbarer Energien aufgenommen“ werde. Gejohle – das Grünkohlessen ist so etwas wie die Oldenburger Variante des Ordens wider den tierischen Ernst.
Altmaier und sein neuer niedersächsischer Amtskollege Stephan Wenzel (Grüne) stellen sich an einen abseits gelegenen Tisch, Bier in der Hand. Schließlich geht es ja auch um Politik, um die erwähnte Strompreisbremse oder um die neue Bundesrats-Mehrheit etwa.
Aber vielleicht haben sie sich auch nur über Altmaiers Vorvorgänger Philipp Rösler amüsiert.MAIK NOLTE