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Archiv-Artikel

ORTSTERMIN: FUßBALLTURNIER DES KUNST UND SPORTVEREIN WILHELMSBURG Kicken für gute Nachbarschaft

Die Zuschauer, drei Jungs aus der Nachbarschaft, sind von den sportlichen Leistungen wenig begeistert

Die Konspirativen Küchenkicker haben sich für das Fußballturnier des Kunst- und Sportvereins Wilhelmsburg ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Gewinnen! Aber schon nach den ersten beiden Partien Eintor-Fußball und zwei Niederlagen gegen Gruppengegner Fortuna 1817 und die Chicago Bulls müssen die fünf Spieler um den Koch Marco Antonio Reyes Lored, der gerade für seine TV-Sendung „Konspirative Küchenkonzerte“ für den Grimme-Preis nominiert war, ihr Ziel korrigieren. Die neue Parole: „Alles, nur nicht Vorletzter.“

Auch die anderen acht Mannschaften mit Namen wie Bayern Kebabs, Abi 2013 oder Ausländer wollen nicht auf dem letzten Platz landen, so viel ist klar. Um 10.30 Uhr haben sie sich vor dem ehemaligen Gesundheitsamt im Reiherstiegviertel getroffen, in dem die Universität der Nachbarschaft untergebracht ist, ein Projekt der Internationalen Bauausstellung IBA und der Hafencity Universität, die das Fußballturnier organisiert.

Wie beim Minigolf ziehen die Mannschaften von Station zu Station und treten in verschiedenen Disziplinen gegeneinander an: Beim XXL-Fußball wird mit einem Gymnastikball statt auf Tore auf Container gezielt, der Disko-Fußball findet bei Strobo-Licht in der Sporthalle aus dem Akin-Film „Soul Kitchen“ statt, und beim Eintor-Fußball stehen die beiden kleinen Tore Rücken an Rücken in der Mitte des Spielfelds. Es gibt auch die Variante Guantánamo, bei der alle Spieler mit grünen Maleranzügen und Mundschutz vermummt sind. Guantánamo-Schiedsrichter Matteusz Luendzinski, Student an der Hafencity-Universität, bringt es auf den Punkt: „Es geht um Anonymität! Ihr seid Teil der Masse.“

Beim Guantánamo-Spiel schneiden die Konspirativen Küchenkicker besser ab und gewinnen 3 : 2 gegen Fortuna 1817. Die Zuschauer, drei Jungs aus der Nachbarschaft, sind von den sportlichen Leistungen wenig begeistert: „Das ist ja schlimmer als Kreisklasse Abstiegskampf!“ Die Pause zwischen den Spielen nutzen sie und zeigen, was sie auf ihrem Bolzplatz können.

Luendzinski wird später sagen, dass Projekte wie das Fußballturnier den Stadtteil Wilhelmsburg auf die mentale Landkarte der Hamburger bringen sollen. Und wie bei allen IBA-Projekten soll es auch hier um den „Dialog mit der kosmopolitischen Nachbarschaft der Elbinseln gehen“, wie es bei der IBA heißt. Diese kosmopolitische Nachbarschaft ist zum Beispiel Jasin, 16, dessen Vater vor 30 Jahren nach Hamburg kam und eine Deutsche heiratete. Jasin sitzt mit seiner Frisbee am Spielfeldrand der Station Korb-Fußball und wartet auf einen Freund. Er wohnt nur zwei Blocks weiter und kennt die Universität der Nachbarschaft: „Ich finde gut, was die hier machen“, sagt er und deutet auf die Spieler, die lautstark hinter dem orangefarbenen Ball herrennen. Ob solche Aktionen etwas für den Stadtteil bringen, weiß er nicht. Die Küchenkicker erkämpfen sich im Korb-Fußball ein 2 : 2 gegen die Chicago Bulls, Jasin geht Frisbee spielen.

Das Turnier endet mit einem Sieg der Mannschaft Abi 2013, der Präsident des Kunst und Sportvereins Wilhelmsburg, Jan Holtmann, ist zufrieden: „Am Anfang war es schwierig, die Wilhelmsburger zum Mitmachen zu überzeugen“, sagt er. „Aber am Abend sind noch einige Leute aus dem Viertel vorbeigekommen und sagten, dass sie beim nächsten Mal auch mitmachen wollen.“ ILKA KREUTZTRÄGER