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Archiv-Artikel

ORTSTERMIN: DIE ENTHÜLLUNG DES WÄCHSERNEN UDO LINDENBERGS „Er gehört auf die Reeperbahn“

Es scheinen nicht alle Udos wegen gekommen zu sein – am allerwenigsten Udo selbst: Er ist gar nicht gekommen

Es ist halb elf an einem Donnerstagvormittag. Um die Ecke werden gerade Laiendarsteller für „Die Schulermittler“ auf RTL gecastet. Vielleicht ist es deswegen im Wachsfigurenkabinett an der Hamburger Reeperbahn, dem „Panoptikum“, so leer. Nur ein paar Journalisten hier und da und Kameramänner, die das richtige Licht setzen. Man sieht sich um. Hayo Faerber, der Inhaber des Panoptikums, plaudert mit dem einen oder anderen.

Hinter einem schwarzen Vorhang aber soll er stehen. Den alle schon erwarten. Dessen Erstellung acht Monate gedauert hat. Er, für den seit Jahren ein Plätzchen im Wachsfigurenkabinett freigehalten wird: der wächserne Udo Lindenberg.

Mittlerweile ist es Viertel vor elf. Der Raum füllt sich, unter die rund 30 Journalisten haben sich auch einige echte Besucher gemischt. „Huch, was ist denn hier los?“, wundert sich manch einer. Es scheinen nicht alle Udos wegen gekommen zu sein – am allerwenigsten Udo selbst. Er ist gar nicht gekommen. „Die Echo-Verleihungen in Berlin“, sagt Faerber – „da darf er nicht fehlen“. Immerhin: Leise laufen seine größten Erfolge im Hintergrund.

„Ich weiß gar nicht, was ich hier soll“, sagt ein Fotograf. „Ich mein, den Papst hab ich ja auch fotografiert, aber Udo Lindenberg ist ja wirklich nicht so ...“ – der Rest geht unter im allgemeinen Gemurmel. Ein Blick nach rechts, tatsächlich: Da steht Papst Benedikt XVI., die Arme weit ausgebreitet – aus Wachs, versteht sich.

Dann ist es elf. Ein Rauschen kommt aus den Boxen über den Köpfen der Besucher. Jemand schnauft ins Mikro. Es geht los: Die Fotografen rücken doch noch ein paar Meter näher und Faerber beginnt seine Rede: Stolz und froh sei man, endlich die Einwilligung Lindenbergs erhalten zu haben, ihn in Wachs zu gießen. „Er gehört auf die Reeperbahn“, sagt Faerber, „und nun ist er endlich da“. Acht Monate habe Bildhauerin Saskia Ruth dafür gebraucht, und die tritt jetzt auf, reißt einen schwarzen Vorhang herunter – und plötzlich sind auch die Fotografen Feuer und Flamme: Da steht er.

Die Bildhauerin wird an ihr Werk gedrängt. „Hier, schauen Sie mal hier rüber!“ „Ja, etwas mehr lächeln!“ Ruth scheint den Trubel schon zu kennen, aber nicht sonderlich zu mögen. Sie lächelt und wirkt dabei doch immer ein wenig angespannt. Geradezu liebevoll wird ihr Blick nur, wenn sie ihn auf den Udo neben sich richtet. Nach fünf Minuten Blitzlichtgewitter klammert sie sich zunehmend hilfesuchend an den Mann aus Wachs. Der steht steif da und verzieht keine Miene. Ein wahrer Star. Hinter ihm sind, ähnlich sparsam in ihrem Minenspiel, Rumpleteazer aus Cats, Sophia Loren und Sängerin Mireille Mathieu zu sehen.

Dann tritt die Künstlerin ab, lässt ihre Arbeit einfach stehen. Die Fotografen stört das nicht: Unbeirrt halten sie auf Udo – beinahe, als erwarteten sie, dass er sich doch noch in den echten Udo verwandelt. Aber Saskia Ruth hat nicht schlapp gemacht: Sie hat einen Kosmetikpinsel geholt, mit dem sie nun wieder neben Udo steht und so tut, als gäbe es noch eine letzte Hand anzulegen.

Inzwischen haben sich die ersten vom wächsernen Hutträger ab- und dem Büfett zugewandt. Die Räume des Wachsfigurenkabinetts füllen sich mit Schülern, die leidlich interessiert die Figuren betrachten. Auch der jüngste Neuzugang weckt ihr Interesse kaum: Ein paar Blicke fängt sich der wächserne Udo doch ein – weil er auch eine dreiviertel Stunde nach seiner Enthüllung immer noch unablässig im Blitzlicht steht. Lisa Frankenberger