OFFKINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Ein wenig Sitzfleisch muss man schon mitbringen, um das Spätwerk des britischen Regisseurs David Lean zu goutieren, das jetzt zum Jahresende auf dem Programm des Arsenal-Kinos steht. Dafür wird man dann aber auch mit ausgesprochen bildmächtigen Monumentalfilmen belohnt. Wie „Lawrence von Arabien“ (1962), dem bewegenden Charakterporträt des britischen Majors Thomas Edward Lawrence (Peter O’Toole), der während des Ersten Weltkriegs die arabischen Stämme zum Aufstand gegen die Türken bewegte. In Technicolor und Super-Panavision-70 entfalten sich hier die grandiosen Panoramen einer gnadenlosen Wüste mit feurigen Sonnenbällen, bedrohlichen Sandstürmen und einem Horizont, der sich wie ein Strich hinzieht. Zwei Jahre dauerten die Dreharbeiten insgesamt, zehn Monate davon verbrachte das Team allein mit Außenaufnahmen in Jordanien. Einmal scheint ein Schiff mitten durch die Wüste zu fahren – doch es fährt im Suez-Kanal, an dem Lawrence gerade angekommen ist. Gleichwohl ist die Inszenierung nicht allein auf Schauwerte um ihrer selbst willen hin angelegt: Trotz überwältigender Landschaftsaufnahmen und dynamischer Schlachtenszenen bleibt das Drama um einen widersprüchlichen Charakter doch stets im Vordergrund. Was „Lawrence von Arabien“ die Wüste, ist „Doktor Schiwago“ (1965) der Schnee: Nicht zuletzt die von Kameramann Freddie Young in Ostfinnland nahe der sowjetischen Grenze gefilmten Bilder der Schneemassen des „russischen“ Winters machten die Verfilmung von Pasternaks Roman über das Schicksal des Arztes Juri Schiwago zu Zeiten der Russischen Revolution zu einem der größten Kassenerfolge der 1960er-Jahre.
Als Alternativprogramm bietet sich der deutlich weniger monumentale Buster Keaton in einer seiner trickreichsten Komödien an: In „Sherlock, Jr.“ (1924) verkörpert er einen Filmvorführer und Möchtegerndetektiv, der sich jedoch als ausgesprochener Verlierertyp erweist und ständig von anderen Leuten übervorteilt wird. Im Traum aber ist er ein Held: Als Sherlock junior springt Buster direkt auf die Leinwand und mitten in ein Kriminaldrama hinein. Busters Sprung auf die Leinwand ist absolut verblüffend: Tatsächlich handelt es sich bei dieser schönen Illusion um eine Dekoration, bei der die Leinwand durch eine Bühne ersetzt ist, die wiederum im Stile eines auf die Leinwand projizierten Films beleuchtet wurde.
Ganz und gar weihnachtlich geht es in der von Brian Henson inszenierten „Muppets-Weihnachts-Geschichte“ (1992) zu, einer charmanten Puppenversion von Charles Dickens’ ausgesprochen aktuellem Klassiker „A Christmas Carol“: Trotz einer Vollzeitarbeitsstelle reicht das Geld für Kermit, seine Gattin Miss Piggy und die Kinder nämlich nicht zum Leben. Ergänzendes ALG II gibt es nicht, von Mindestlohn hat hier noch niemand etwas gehört, und auch der reiche Scrooge (Michael Caine) will nicht einmal zu Weihnachten einen Extrataler für seinen treuen Mitarbeiter herausrücken. Doch dann führen ihm Geister die Auswirkungen seines Geizes vor Augen … LARS PENNING
„Lawrence von Arabien“ (OF) 22. 12.; „Doktor Schiwago“ (OF) 25. 12.; im Arsenal 1
„Sherlock, Jr.“ (OF) 25. 12. im Arsenal 2
„Die Muppets-Weihnachts-Geschichte“ 20. 12.–26. 12. im Kino Kiste