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OFFENE LISTE HILFT DER PDS IN HESSEN NICHT VIEL WEITERHoher Unterhaltungswert

Ob die Völker in Ost und West die Signale hören werden, sei dahingestellt. Prominente auf offenen Listen aber halfen auch schon den Grünen in den ersten Jahren, sich über die Fünfprozenthürde bis in die Kabinette zu siegen. Und auch sonst erinnert vieles bei der West-PDS an die einstigen Flügelkämpfe der derzeitigen Regierungspartei. Eben nur eine Nummer kleiner und unspektakulärer. Die einen setzten damals ebenfalls auf die Prominenten, wollten Köpfe auf den Plakaten sehen, die anderen verteidigten den Wahlkampf mit den beinharten Inhalten. Die einen wollten an die Macht, die anderen auf ewig Opposition bleiben. Von der Prominenz blieb keiner, die Inhalte änderten sich. PDS-Bundesvorsitzende Gabi Zimmer hat in Frankfurt am Main die Quadratur des Kreises beschworen. Wie kann sich die PDS der Regierungsmitverantwortung im Zweifelsfall nicht verweigern, aber sich dennoch „nicht in den Parlamenten verlieren“?

Die Wahl von Luc Jochimsen zur hesssichen Spitzenkandidatin ist ein Signal, das zweifellos ein wenig weniger hermacht als die vergeblich anvisierte Prominenz wie der Exbundesminister Oskar Lafontaine. Die Menschen in den neuen Bundesländern werden sie nicht kennen. hr 3 war dort bisher jedenfalls kein Quotenrenner. Viele im Westen kennen sie aber auch nicht. Die Medienmacherin war vor den Kulissen nicht gerade ein Glamour-Star. Dass sie aber, wie es bei Streitereien im Vorfeld der Nominierung geheißen hatte, ihre Position nur errungen habe, weil sie bisher auf der falschen Seite der Barrikaden gewesen sei, ist auch nicht gerade die feine Art. Dagegen stehen die Dokumentarfilme und Kommentare der Jochimsen.

Die Selbstdefinition der parteilosen Fernsehfrau als Linke mit nach allen Seiten offener Gesprächsbereitschaft entbehrt nicht einer gewissen Naivität. Dass dieser Eindruck täuscht, hat sie am Wochenende bewiesen. Unter der verbindlichen Verpackung steckt jener Durchsetzungswille, der für Frauen ihrer Generation wohl unerlässlich war, wenn sie sich im männerdominierten Fernsehgeschäft durchsetzen konnten. Und letztendlich hat es ja auch Gabi Zimmer auf den Punkt gebracht. Auf absehbare Zeit kann die Partei durchaus zufrieden sein, wenn sie ihren Stimmenanteil in weiten Teilen Westdeutschlands von 1 auf 2 Prozent verdoppeln kann. Der parteiinterne Streit um Macht und Moral hat durch Jochimsen zwar einen medial hohen Unterhaltungswert bekommen, ist aber schon deshalb hypothetisch, weil eine Regierungsbeteiligung der PDS auf Bundesebene ohnehin nicht zur Debatte steht. HEIDE PLATEN

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