OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Einen der absurdesten Beiträge zum Thema Sklaverei und Rassismus im Hollywoodfilm lieferte Regieveteran Raoul Walsh 1957 mit dem Melodram „Band of Angels“ ab. Als Tochter eines Plantagenbesitzers in der Zeit vor dem amerikanischen Bürgerkrieg muss Yvonne de Carlo nach dem Tod des Vaters nämlich erfahren, dass sie die Tochter einer Sklavin ist! Anstatt zu erben, wird sie kurzerhand selbst als Sklavin auf dem Markt verkauft. Tja, so kann es gehen im Leben, und sie kann wahrlich noch von Glück sagen, dass sie von einem so netten Sklavenhalter wie Clark Gable gekauft wird. Da ist das Happy End nach vielerlei Hin und Her zumindest garantiert. So stellte man sich in Hollywood eben die Lösung der Rassenfrage vor: Die Sklavenhalter gehen einfach ein bisschen freundlicher mit ihrem Besitz um. Doch darum geht es bei der Vorführung im Arsenal eigentlich gar nicht: „Band of Angels“ läuft dort als Referenzfilm im Rahmen eines groß angelegten Events zum Thema Jack Smith, des berühmten schwulen Low-Budget-Underground-Avantgarde-Filmers, der sich für bestimme Hollywood-Diven begeisterte, darunter eben de Carlo und vor allem Maria Montez. Und so läuft im Arsenal natürlich auch eine jener eskapistischen Südseefantasien in Technicolor, in der die in der Dominikanischen Republik geborene Montez zu einem Star der Vierziger wurde: In Robert Siodmaks „Cobra Woman“ (1944) ist die auf sagenhafte Weise selbstverliebte Darstellerin sogar gleich zweimal zu sehen – als böse Priesterin schickt sie ihre Opfer zum Klang der Feuertodhymne in den Vulkan, als gute Zwillingsschwester sorgt sie für das segensreiche Ende der Geschichte. Laut Siodmak wirkten sich die Rollen, die Maria Montez spielte, auch abseits der Kamera auf ihr Verhalten aus: Verkörperte sie eine Kaiserin, dann wollte sie auch so behandelt werden, spielte sie hingegen eine Sklavin, hätte man sie problemlos ohrfeigen können. Gaststar beim großen Jack-Smith-Symposium ist übrigens der Warhol-Drag-Superstar und Smith-Mitarbeiter Mario Montez, dessen Name ja wohl keiner Erklärung bedarf. („Cobra Woman“, „Band of Angels“ 31. 10. Arsenal; Filme, Vorträge und mehr zum Thema Jack Smith bis 1. 11. im Arsenal und HAU)
Mit „Sonic Mirror“ (2007) porträtiert der finnische Regisseur Mika Kaurismäki den amerikanischen Jazzschlagzeuger Billy Cobham auf eine eher ungewöhnliche Weise. Nicht die Stationen seines Lebens und seiner illustren Karriere werden hier abgehakt, vielmehr beleuchtet der Film anhand ausgewählter Projekte Cobhams die These des Musikers von der Musik als universellem Schlüssel zu Kommunikation und Verständnis. Besonders eindrucksvoll funktioniert dies in jenen Szenen, welche die musiktherapeutische Arbeit des Schlagzeugers mit Autisten in der Schweiz zeigen. Denn auch diese Menschen, die kaum einen Zugang zur Welt in ihrem Kopf gewähren und denen es so schwer fällt, mit ihrer Umwelt in Kontakt zu treten, finden bei einem gemeinsamen Musizieren zu einem erstaunlichen Ausdruck ihrer selbst. (29. 10.–4. 11. Eiszeit) LARS PENNING