■ Nutzungstechnischer Problemfall der gehobenen deutschen Wohn- und Badlandschaft: das Bidet: Zur Philosophie des Untenrum
Manche weichen ihre Socken darin ein. Andere kühlen darin Sekt. Kinder waschen sich darin die Füße. Oder werden schon mal darin gebadet. Die Franzosen haben es, die Schweizer hin und wieder auch, die Deutschen dagegen nur sehr selten. Doch was ist die eigentliche Bestimmung des Bidets?
Neulich beim Frauentreffen: Die Debatte über die „Philosophie der Lebenskunst“ war abgeschlossen, man kam allmählich zu den essentiellen Fragen des Lebens: Warum putzt Mutter A ihrem siebenjährigen Sohn noch den Po ab? Ha, erregt sich Mutter B, das ist doch sowieso alles Schweinerei, die Kinder müssen an das Abspülen im Bidet gewöhnt werden.
„Im Bidet?“ Ja, sicher, dafür ist es doch da! – Die restliche Mütterrunde schnappt nach Luft. Mutter B gerät ins Schwärmen: Deswegen fahre sie doch so gerne nach Frankreich; da haben sie überall ein Bidet, selbst in billigen Hotels. – Aber wir Deutsche sind ja Schweine! Fragt mal die Huren, die haben Erfahrung mit deutschen Männern und können das voll bestätigen.
Also, merkt Mutter C vorsichtig an, ich dachte immer, das Bidet sei eigentlich für ... vorne. Na ja, ergänzt Mutter D, und noch eigentlicher für vorne nach dem Geschlechtsverkehr. Aber, gesteht sie, ich weiß gar nicht so genau, wie man sich da draufsetzen soll. – Mutter B, die Expertin für hinten, ist nicht mehr zu stoppen: beschreibt verschiedene Formen des Spülbeckens, erläutert Vor- und Nachteile des seitlichen oder zentralen Wasserstrahls und kann gerade noch daran gehindert werden, im vollbesetzten Restaurant einen Stuhl zu Demonstrationszwecken zu benutzen.
Vorne, hinten, davor, danach, nur für Frauen oder auch für Männer? Warum in Frankreich, nicht aber in Deutschland? Ein einziges Frauengespräch – und die Fassade der Welt bekommt einen Riß. Testfragen bei Freunden und Kolleginnen ergeben das gleiche konfuse Bild. Auch ein Anruf beim Fachhandel bringt keine Klärung: Zu einer gehobenen „Wohn- und Badlandschaft“ gehöre zwar ein Bidet dazu; aber in der Regel seien die Badezimmer zu klein dafür. Warum aber haben's dann die Franzosen? – Nun, da hat ... das ist ... das würde jetzt ins Philosophische gehen, stottert der Fachmann.
Oder ist die Lösung viel einfacher? Und liegt schlicht in der Etymologie? Denn mal ehrlich, wofür würden Sie ein Teil benutzen, das auf deutsch „Sitzbadewanne“ heißt? Annette Garbrecht
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen