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Nur sechs mißtrauen Momper

■ Mißtrauensantrag gegen den Regierenden abgeschmettert/ Haben ein oder zwei ALer für Momper gestimmt?/ CDU blieb der Abstimmung fern

Schöneberg. Und er bleibt Regierender: Eine Woche nach dem Bruch der rot-grünen Koalition sind die Republikaner im Berliner Abgeordnetenhaus mit einem Mißtrauensantrag gegen den SPD-Minderheitssenat von Walter Momper erwartungsgemäß gescheitert. Auf einer Sondersitzung unterstützten gestern nur sechs Abgeordnete das Mißtrauensvotum. 57 Parlamentarier stimmten dagegen, 16 enthielten sich der Stimme. Die CDU-Fraktion war der Abstimmung, wie bereits letzte Woche angekündigt, geschlossen ferngeblieben. Die SPD ist im Abgeordnetenhaus ebenso wie die CDU mit je 55 Abgordneten vertreten.

Die AL verfügt über 17 und die Republikaner über acht Sitze in der Kammer. Drei früher den Republikanern zugehörige Abgeordnete sind fraktionslos. Rechnerisch bleibt damit offen, ob einer oder zwei Abgeordnete des früheren Koalitionspartners AL Momper unterstützt haben. Zur Abwahl Mompers wären nach Angaben von Parlamentspräsident Jürgen Wohlrabe (CDU) bei insgesamt 138 Abgeordneten 70 Stimmen erforderlich gewesen. Der CDU-Politiker Wohlrabe, der die Sitzung leitete, gab seine Stimme nicht ab.

Die Republikaner hatten den Mißtrauensantrag mit der Begründung eingebracht, die SPD habe nach dem Ausstieg der AL aus der Koalition keine Mehrheit mehr. Ein Sturz Mompers sechs Tage vor der Berliner Parlamentswahl war schon Mitte vergangener Woche unwahrscheinlich erschienen, nachdem sich der Delegiertenrat der AL mehrheitlich dagegen ausgesprochen hatte, wegen des Polizeieinsatzes gegen Hausbesetzer im Osten Berlins einen eigenen Mißtrauensantrag gegen Momper einzubringen. Ein entsprechender Beschluß von Fraktion und Vorstand der AL war damit hinfällig geworden.

CDU-Chef Eberhard Diepgen begründete das Fernbleiben seiner Fraktion von der Abstimmung mit dem Worten: »Die Berliner CDU wird sich sechs Tage vor der Wahl an dieser Abstimmung ohne jede Bedeutung nicht beteiligen.« Er warf SPD und Alternativen vor, das Parlament zu Wahlkampfzwecken mißbrauchen zu wollen. Das Abstimmungsverhalten der CDU wurde allerdings im Rathaus Schöneberg auch als mögliches Signal der CDU an die SPD in Richtung auf eine künftige große Koalition verstanden. Auf jeden Fall wolle die CDU vermeiden, mit dem Republikanern stimmen zu müssen, hieß es. ap/taz

Siehe Interview mit Diepgen S. 28

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