: Nur eine kleine, radikale Minderheit
■ HWP: Präsident muß sich nicht bei Ignatz Bubis für Beleidigungen entschuldigen
Als „faschistoid“ bezeichnet der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) das Verhalten der Studierenden, die am vergangenen Freitag den Vortrag von Ignatz Bubis in der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) gestört haben. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden hatte auf Einladung des Studierenden-Parlaments der HWP über „Jüdisches Leben in Deutschland“ gesprochen.
Anläßlich der Ereignisse in Lübeck jedoch bekam die Veranstaltung ihren besonderen, tragischen Anstrich. Einige ausländische HWP-StudentInnen buhten, als Bubis zur Vorsicht mit Verdächtigungen mahnte: Die Täter seien noch nicht ermittelt. Daraufhin wurde er von den Protestlern als „Anwalt der Mörder“ beschimpft. Die messerscharfe Analyse der Nachwuchs-Christen vom RCDS lautet nun: Bei den Aufrührern handele es sich um die „Hafenstraßen-Randalierer-Szene“, die die Hochschule „zur Selbstdarstellung“ mißbrauchten. Der RCDS fordere eine öffentliche Entschuldigung des HWP-Präsidenten Lothar Zechlin beim Zentralrats-Vorsitzenden.
„Das hält der Präsident nicht für notwendig“, so HWP-Sprecherin Sigrun Nickel. „Die meisten der Teilnehmer haben sich schon während des Vortrags klar von den Störern distanziert.“ „Hochnotpeinlich“ findet auch Thomas Schalski, als Präsident des Studierenden-Parlaments Mitveranstalter des Abends, den Vorfall. Immerhin sei es Anliegen der Veranstaltung gewesen, den jüdisch-nichtjüdischen Dialog zu fördern.
Die RCDS-Forderung hält er trotzdem für Quatsch. „Von einer Entschuldigung haben wir dem Präsidenten abgeraten“, so Schalski. Allerdings müsse man mit Ignatz Bubis noch einmal reden. Wenn er den Eindruck behalten habe, daß die ganze HWP gegen ihn sei, „entspricht das nicht den Tatsachen.“ Bubis habe einen „frenetischen Applaus“ bekommen.
Deshalb fordert Schalski nun auch eine Gegendarstellung vom Hamburger Abendblatt, das in seiner Samstagsausgabe einen Bericht mit dem Titel „Studenten buhten Ignatz Bubis aus“ gebracht hat, in dem der Eindruck erweckt wurde, als hätte das ganze HWP-Plenum Bubis als „Mann, der stolz darauf sei, Deutscher zu sein“ diffamiert. Schalski stellt fest, daß es sich bei den drei Störern um „eine kleine, radikale Minderheit“ handele. „Die sind ausgerastet“.
Natürlich sei es am Freitag legitim gewesen, emotional auf den Lübecker Brand zu reagieren, aber die Protestler hätten sich schon allein dadurch disqualifiziert, daß sie Bubis nahelegten, nach Israel zu gehen. Außerdem warfen sie ihm vor, „germanisiert“ zu sein. Schalski: „Damit nehmen sie das Rassenargument der Rechten auf.“
Ulrike Winkelmann
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