: Nur eine Stimme für Hajens Nase
■ Mehr Hierarchie: Wissenschaftssenators Entwurf für neues Hochschulgesetz stößt an den Universitäten auf wenig Begeisterung Von Ulrike Winkelmann
Richtig Mühe haben sich die Jura-Studierenden vom Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) gegeben, um eine „Kritik am neuen Hamburger Hochschulgesetz“ zu formulieren. Offenbar wolle die Behörde für Wissenschaft und Forschung (BWF) verhindern, daß sie sich selbst überflüssig mache, benannte Jens Wolf, RCDS-Landesvorsitzender, gegenüber der taz die Stoßrichtung des Gesetzentwurfes der BWF, zu dem die Hamburger Hochschulen bis zum 1. Februar Stellung nehmen müssen.
Schließlich soll das Hamburger Hochschulgesetz (HmbHG), Leitnorm für die Studien- und Prüfungsordnungen an den Hochschulen, der nunmehr eingeführten weitgehenden Finanzautonomie namens „Globalhaushalt“ angepaßt werden. Nach dem Entwurf der BWF werden die Hochschulen hierarchischer organisiert: Die/der jeweilige PräsidentIn soll „über den Fachbereichssprecher“ dafür sorgen, daß die ProfessorInnen ihre Pflichten erfüllen, und kann diesem „Weisungen erteilen“. Erstmalig erhalten Profs also Vorgesetzte.
Außerdem sollen die FachbereichsprecherInnen in Zukunft die Institute bewirtschaften; die Fachbereichsräte werden sie dabei lediglich „beraten“. Gleichzeitig will die BWF ein wenig an der Studierfreiheit zupfen. Die Regelstudienzeit „soll“ künftig nicht mehr nur vier Jahre betragen, sondern sie „darf“ inklusive Prüfungszeit nur noch in Ausnahmefällen viereinhalb Jahre überschreiten.
Um bis zum Ende der Einwendungsfrist am 1. Februar Voten zu formulieren, wird derzeit in Ausschüssen und Listen an Gegenentwürfen gewerkelt. Hauptstreitpunkt: Das verstärkte Mitspracherecht der Behörde bei der Berufung von ProfessorInnen. RCDS-Wolf: „Die BWF reagiert damit auf Streitfälle um Berufungen.“
Als eine „alberne Art von Rechtspolitik“, bezeichnet auch Matthias Kolbeck, AStA-Vorstand und Mitglied der Grünen Hochschulgruppe (GHG), diesen Versuch der Behörde, ihre Kompetenzen zu erweitern. Was der RCDS erarbeitet hat, sei allerdings ohnehin „breitester Konsens“ an der Uni: „Natürlich sind alle dagegen, daß die Behörde sich in Berufungsverfahren einmischen will.“ Sich nur mit dem Behördenentwurf zu befassen, findet er allerdings „relativ langweilig“. Grüner Hochschulpolitik gehe es vor allem darum, die Unis basisdemokratischer zu machen (siehe nebenstehendes Interview) nach der Devise „eine Stimme pro Nase“ – und nicht nur für die des Wissenschaftssenators.
Die BWF sei „verpflichtet, die Hochschulen anzuhalten, mit weniger Geld noch effektiver zu arbeiten“, wehrt sich Leo Hajens Sprecher Tom Janssen gegen die Vorwürfe. Der Novellierungsvorschlag habe die beiden Ziele, die Lehre gegenüber der Forschung aufzuwerten und die Berufungsverfahren zu straffen. Bekanntermaßen brauche die Universität für die Berufung von ProfessorInnen bis zu zehn Jahren.
Lothar Zechlin, Präsident der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) meint dazu: „Wenn Berufungsverfahren lange dauern, dann liegt das auch daran, daß Kandidaten einen Ruf ablehnen, weil die Hamburger Hochschulen und die HWP insbesondere so schlecht ausgestattet sind.“ Als zusätzlichen Vorschlag möchte Zechlin einen „Globalhaushalt für Lehrstunden“ einbringen: „Freistellungen von der Lehre sind bisher detaillistisch geregelt“, sagt er. „Wir würden lieber einen Lehrstunden-Pool einführen, der dann verteilt wird.“
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