Nur ein Bruchteil der Hilfe kommt an: Staatstrauer für Opfer in Birma
Weitere Ärzte und Katastrophenexperten aus asiatischen Ländern dürfen nach Birma einreisen. Westlichen Helfern aber soll die Einreise nur "von Fall zu Fall" gestattet werden.
An allen Regierungsgebäuden wehen die Flaggen auf Halbmast. Die von Birmas Junta verordnete Staatstrauer soll drei Tage dauern. Während die Militärs offiziell von etwa 78.000 Toten sprechen, schätzen die Vereinten Nationen deren Anzahl auf etwa 100.000, die Internationale Föderation von Rotem Kreuz und Rotem Halbmond auf bis zu 128.000.
Die Vereinten Nationen erklärten gestern zudem, dass immer noch ein Großteil der betroffenen Sturmopfer auf Hilfe wartet. Von den 2,4 Millionen Zyklonopfern seien bislang nur 500.000 erreicht worden. Besonders verheerend bleibe die Lage für viele Menschen außerhalb der Städte, berichtete der in Thailand ansässige Exilpart der Oppositionspartei "National League Liga for Democracy/Liberated Area" (NLD). Die NLD sammelt Berichte und Fotos von freiwilligen Helfern, die sich von der ehemaligen Hauptstadt Rangun aus in die Katastrophengebiete gewagt haben. Einer der Freiwilligen sagte, Flüchtlingslager in der Nähe von Städten bekämen wohl Unterstützung, ein Teil der abgelegenen Dörfer jedoch nicht. Privatleute aus den Städten wollten diesen Opfern helfen, aber es sei schwierig, dorthin zu gelangen. Zudem habe das Militär überall Kontrollpunkte eingerichtet.
Unterdessen hat der am Sonntag angereiste UN-Hilfskoordinator John Holmes die Junta aufgefordert, bei Hilfeleistungen für die Zyklonopfer enger mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten.
Holmes, der am Montag die mit am schwersten verwüsteten Orte Laputta und Bogale besucht hatte, soll Birmas Premier Thein Sein dazu gedrängt haben, kommerzielle Hubschrauber zuzulassen, um Hilfsgüter in das Irrawaddy-Delta zu bringen. Es ist bekannt, dass die Militärregierung selbst nur über eine Handvoll einsatzbereiter Hubschrauber verfügt.
Am Donnerstag wird auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zu Gesprächen in Birma erwartet. Angeblich soll Juntachef Than Shwe zu einem Treffen mit Ban bereit sein, hieß es gestern. Birmas oberster Machthaber hatte sich zuvor geweigert, Briefe oder Anrufe des UN-Generalsekretärs zu beantworten.
Ban wird an der für Sonntag angesetzten Geberkonferenz teilnehmen, welche die UNO gemeinsam mit den Mitgliedern des südostasiatischen Staatenbundes Asean in Rangun ausrichten wird. Viele westliche Länder haben offenbar noch nicht entschieden, welcher ihrer Repräsentanten daran teilnimmt.
Die Weltbank hat bereits erklärt, sie werde Birma nach dem Zyklon keine zinsgünstigen Darlehen zur Verfügung stellen. Das verarmte Land sei seit mehr als 20 Jahren mit Zins- und Rückzahlungen im Rückstand.
Angesichts des wachsenden internationalen Drucks hatten Birmas Generäle ihren Widerstand gegen ausländische Helfer aufgegeben. Weitere Ärzte und Katastrophenexperten aus asiatischen Ländern dürfen nun einreisen, westlichen Helfern aber soll die Einreise nur "von Fall zu Fall" gestattet werden, hieß es nach dem Treffen der Asean-Außenminister am Montag. Die Junta hat der Asean zudem erlaubt, die ausländische Hilfe zu koordinieren.
"Die Initiative der Asean ist ein Schritt vorwärts", erklärte gestern die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Weitere Menschenrechtler bemängelten, dass, obwohl Birmas Junta mehr Hilfsgüter ins Land lasse und weitere Visa ausstelle, dies nur ein Bruchteil der Hilfe sei, die benötigt werde. Unter anderem ankerten nahe Birmas Küste weiter Schiffe aus Frankreich, Großbritannien und USA, deren Ladung eine große Anzahl von Leben retten könnte.
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