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Nur der Kanzler ist großzügig

■ BSE: Brüssel feilscht um Geld und Symbole. Kommission schlägt Einkommenshilfen für europäische Bauern vor

Brüssel (taz) – Während in der BSE-Krise weiter erbittert gestritten wird, zeigte sich Bundeskanzler Helmut Kohl als großer Europäer. „Die Hilfe an Großbritannien ist an keinerlei Bedingungen geknüpft“, erklärte Kohl am Mittwoch anläßlich seines Besuchs bei der Brüsseler Kommission der Europäischen Union. Er beschämte mit dieser großherzigen Geste vor allem seinen Außenminister Klaus Kinkel. Mit der Formel „Solidarität ist keine Einbahnstraße“ versuchte dieser bereits mehrfach, britische Zugeständnisse bei der geplanten Veränderung der EU-Verträge zu erreichen.

Wie weit die praktische Solidarität tatsächlich reicht, wird sich am Montag zeigen. Dann will der Ständige Veterinärausschuß endgültig über die Aufhebung des Exportverbots für Gelatine und andere angeblich ungefährliche „Rindernebenprodukte“ entscheiden.

Informationen der Kommission zufolge zeichnet sich eine qualifizierte Mehrheit für die von Agrarkommissar Fischler vorgeschlagene Lockerung des Ausfuhrverbotes ab. Eine Zustimmung der Bundesregierung ist nicht zu erwarten.

Ebenfalls am Montag wird sich auch der Agrarministerrat wieder mit dem Thema BSE beschäftigen. Beraten wird er über einen am Mittwoch in der Kommission verabschiedeten Vorschlag, der direkte Einkommenshilfen in Höhe von rund 1,2 Milliarden Mark für die europäischen Bauern vorsieht. Begründet wird der Vorschlag mit dem anhaltenden Verfall der Rindfleischpreise in allen Mitgliedstaaten.

Auch die Interventionsmaßnahmen der Kommission, die monatlich 50.000 Tonnen Rindfleisch aufkauft und einlagert, konnten den Markt nicht stabilisieren. Es wird erwartet, daß der Vorschlag das grundsätzliche Wohlwollen der AgrarministerInnen findet, daß es aber über die konkrete Verteilung des Geldes heftige Auseinandersetzungen geben wird. Christian Rath

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