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Archiv-Artikel

STEFAN REINECKE ÜBER DIE NEUE RENTENDEBATTE Nur das Vorspiel

Die Ansage, die Renten zu schützen, zeigt, dass raue Verteilungskämpfe auf uns zukommen

Die Situation ist vertrackt: Aller Voraussicht nach werden dieses Jahr die Löhne sinken. Denn 1,3 Millionen sind derzeit auf Kurzarbeit gesetzt, und das senkt den Durchschnittslohn. Deswegen werden wahrscheinlich 2010 die Rente und die Hartz-IV-Sätze schrumpfen, die an den Durchschnittslohn gekoppelt sind. Mit anderen Worten: Rentner und Hartz-IV-Empfänger bekommen womöglich weniger, weil das Instrument Kurzarbeitergeld so erfolgreich ist. Insofern ist die Forderung der SPD richtig – nämlich per Gesetz eine nominale Rentenkürzungen auszuschließen.

Mag sein, dass bei Olaf Scholz’ forschem Vorstoß Wahlkampf eine Rolle spielt. Aber das Richtige wird nicht falsch, nur weil es im Wahlkampf nutzt. Denn es kann nicht sein, dass Hartz-IV-Empfänger und Rentner die Kosten der Krise bezahlen.

Genauer besehen ist diese Debatte das noch recht harmonische Vorspiel der rauen sozialen Verteilungskämpfe, die kommen werden. Die Steuereinnahmen werden einbrechen, Profite sinken, die Staatsschulden explodieren. Und der Ruf nach Kürzungen der Sozialleistungen und Lohnzurückhaltung wird noch lauter werden, als er schon ist.

Das allerdings ist ein Holzweg – gerade in der Krise. Sozialausgaben wie Rente und Hartz-IV-Regelsatz zu drosseln ist nicht nur ungerecht. Es schadet auch der Nachfrage und fördert das Angstsparen. Insofern ist das Signal der SPD auch psychologisch richtig.

Das entscheidende Schlachtfeld sind allerdings nicht die Sozialtransfers und Renten, sondern die Löhne, die in Deutschland in den letzten acht Jahren kaum halb so stark gestiegen sind wie im EU-Durchschnitt. In der Krise wird der Druck, sie nach unten zu korrigieren oder einzufrieren, nun massiv zunehmen. Die Löhne sind das Spielfeld, auf dem entschieden wird, ob letztlich ArbeiternehmerInnen und RentnerInnen für die Krise werden zahlen müssen.