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Notlandung würde in Katastrophe enden

■ Stockholmer Unglücksflugzeug wäre ins Berliner Häusermeer gestürzt/ Feuerwehr wird von Flughäfen jedes Jahr bis zu fünfmal in Alarm versetzt

Berlin. Der Pilot, der zwischen Weihnachten und Neujahr in Stockholm einen Düsenjet notlandete, hätte in Berlin kaum eine Chance gehabt. Sollten bei einem Flugzeug unmittelbar nach dem Start wie bei dem Fall in Skandinavien alle Triebwerke ausfallen, würde ein Donnervogel mit hoher Wahrscheinlichkeit — statt weich auf einer schwedischen Wiese aufzusetzen — ins Berliner Häusermeer stürzen.

Besonders gefährdet sind die Bewohner in den Verlängerungen der Start- und Landebahnen. Ankommende Maschinen peilen das Rollfeld zum Teil schon zehn Kilometer vorher an, startende Flugzeuge fliegen bis zu zwei Kilometer geradeaus, bevor sie »die Kurve kratzen«.

»Berlin bietet für Notlandungen keine guten Voraussetzungen«, sagt Hans-Ullrich Ohl von der Bundesanstalt für Flugsicherung der taz auf Anfrage. Wenn sich die Maschine lenken lasse, könnten Piloten nur auf Straßen notlanden, um den Schaden gering zu halten. In Hamburg setzte vor zehn Jahren ein Kapitän seine Maschine auf einen Bauabschnitt einer Autobahn. Bei der BAC 111 (etwa 130 Plätze) waren kurz nach dem Starten ebenfalls die Düsen ausgefallen. Doch auch auf der leeren vierspurigen Betonpiste wurde die Landung zur Katastrophe. Die Tragflächen rissen an einer Brücke ab und das getankte Kerosin setzte die Maschine sofort in Brand.

Die Flughafen-Feuerwehr in Tempelhof ist häufig alarmiert. Für einen Einsatz genüge bereits, daß im Cockpit einer anfliegenden Maschine »eine Kontrollampe ausfällt«, erläutert Alfred Dumsch, stellvertretender Dienststellenleiter. Dann fährt die diensthabende Schicht, 17 Feuerwehrmänner und Sanitäter, mit mehreren Tanklöschfahrzeugen an eines der Rollfelder. Dumsch arbeitet seit 25 Jahren in Tempelhof: »Seitdem ist es nie zu einem schweren Zwischenfall gekommen.«

Die Flughafen-Feuerwehren sind durch eine telefonische Direktleitung mit der Berliner Feuerwehr verbunden. Wenn statt einer Kontrollampe ein Triebwerk ausfallen sollte oder sich das Fahrwerk nicht mehr ausklappen ließe, wird die Stadt-Feuerwehr alarmiert. Das passiere etwa drei- bis fünfmal im Jahr, schätzt Feuerwehrsprecher Andreas Nawrot. In der Regel seien die Landeklappen verklemmt. Die Mitarbeiter der Feuerwehrleitstelle füttern dann einen zentralen Computer mit den nötigen Informationen. Die Rechenmaschine erarbeitet einen optimalen Einsatzplan, nennt die kürzesten Zufahrtswege und versetzt etwa 50 Mann, die Besatzung von drei Löschzügen, in »Sitzbereitschaft«: In ihren Fahrzeugen sitzend, warten die Uniformierten auf weitere Instruktionen. Bei einer Notlandung oder einem Sturz ins Berliner Häusermeer würde nahe dem Unfallort eine Verletzten-Sammelstelle eingerichtet. In zwei fertig ausgerüsteten Zelten, die in acht Minuten aufgeblasen sind, würden Sanitäter die Verletzten behandeln und von dort auf Krankenhäuser verteilen.

Von Stockholm lernen die Berliner allerdings nicht. »Die Rettungsdienste sind anders strukturiert, Fehler für uns nur schwer zu übertragen«, erklärt Brandoberinspekteur Dumsch. Dirk Wildt

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