piwik no script img

Notfallfonds geplantRettungsring für den Euro

Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone planen einen Notfallfonds, um die "weltweit organisierte Attacke" gegen die Gemeinschaftswährung abzuwehren.

Notfallfonds auf hoher See. Bild: Pascal WilluhnCC-BY

Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone wollen ein klares Zeichen setzen: Griechenland wird nicht fallen gelassen. In der Nacht auf Samstag segneten sie deshalb nicht nur wie erwartet die Beistandskredite von 110 Milliarden Euro für Griechenland ab. Sie kündigten auch an, "alle Mittel auszuschöpfen, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets zu wahren", wie es in der Abschlusserklärung des Euro-Sondergipfels in Brüssel heißt.

Kernstück des überraschend schnell ausgearbeiteten Plans ist ein Notfallfonds, der auch anderen unter Druck geratenen Staaten wie Portugal oder Spanien zur Verfügung stehen soll. Die Mittel dafür - die Rede ist von 70 Milliarden Euro - könnte die EU-Kommission aufnehmen, die wesentlich geringere Zinsen zahlen müsste als etwa Griechenland. Die EU-Finanzminister wollten die Einrichtung des Fonds noch gestern Abend auf einer Sondersitzung beschließen.

Ziel der Nacht-und-Nebel-Aktion: Die Märkte sollten schon bei ihrer Öffnung heute früh das klare Signal erhalten, dass kein Euro-Staat fallen gelassen wird.

Der EU-Vertrag erlaubt finanziellen Beistand der Gemeinschaft, wenn ein Mitgliedstaat "aufgrund von außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von gravierenden Schwierigkeiten bedroht" ist. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker sprach von einer "weltweit organisierten Attacke gegen den Euro". Die könnte man als solches "außergewöhnliches Ereignis" interpretieren. Offenbar hatte die Europäische Zentralbank den Politikern Druck gemacht.

"Wir sind bei dem Treffen der Euro-Gruppe über dieses griechische Programm einen deutlichen Schritt hinausgegangen", erklärte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Samstag. "Weil wir sehen, dass die Stabilität der Euro-Zone mit diesem Programm allein noch nicht gesichert ist." Die Finanzmärkte hatten sich von den Bemühungen bislang völlig unbeeindruckt gezeigt. Die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen stiegen immer höher - 13 Prozent Zinsen wurden am Freitag gefordert -, und zugleich wuchs die Sorge, dass Portugal und Spanien mit in den Strudel hineingerissen würden. Die Aktienmärkte brachen ein, und der Euro geriet immer weiter unter Druck.

Auch an die Wähler in den Geberländern, vor allem in Deutschland, wurde ein Signal gesendet: Defizitsündern sollen strengere Sanktionen drohen, und die Euro-Staaten sollen insgesamt ihre Defizite schneller abbauen. Die portugiesische Regierung kündigte bereits an, auf geplante Infrastrukturprogramme zu verzichten. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy soll überdies Vorschläge über eine engere Koordination in der Eurozone erarbeiten.

Nicht durchgesetzt hat sich die Bundesregierung mit ihren Vorschlägen, hartnäckigen Defizitsündern das Stimmrecht im EU-Ministerrat zu entziehen und für überschuldete Staaten ein geordnetes Insolvenzverfahren analog zum Unternehmensinsolvenzrecht zu schaffen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • TH
    Tobias Hellmann

    Ein schönes Schauspiel, was die Regierungen und die EZB da inszenieren. Es werden Schulden mit neuen Schulden beglichen oder Schulden mit leeren Bürgschaften garantiert. Das Grundproblem der nicht vorhandenen Deckung bleibt indes bestehen. Man kann die drohende Insovenz verschleppen und in die Länge ziehen, aber kommen wird sie unausweichlich, langfristig können Schulden nicht durch immer neue Schulden bezahlt werden. Irgendwann kommt ein Gläubiger der eine echte Deckung verlangt. Der Euro ist wohl bald Geschichte. Die Finanzmärkte nehmen diese Entwicklung doch nur vorweg.

  • B
    Birgit

    US-Senatoren Cantwell (D-WA) und McCain (R-AZ) wollen Glass-Steagall-Sicherungsmaßnahmen durch Trennung von Geschäftsbanken und Investmentbanking wiedereinführen. Cantwell und McCain dringen darauf, daß ihr Gesetzeszusatz dem "Restoring American Financial Stability Act of 2010" von Senator Dodd hinzugefügt wird. Das würde den schwammigen Charakter dieses sog. Dodd-Gesetzes völlig verändern. Präsident Obama, Finanzminister Geithner und die Federal Reserve wollen Glass-Steagall absolut nicht. Die überwiegende Mehrheit im Senat, laut Umfragen sind es 78%, ist jedoch dafür. Senator Mark Warner, selbst ein Gegner des Cantwell-McCain Zusatzes, mußte vor zwei Tagen zugeben, daß im Senat eine Mehrheit dafür existiert.

     

    Sollte die Glass-Stegall-Gesetzgebung demnächst verabschiedet werden, so bedeutet das ein völlige Veränderung der Lage, nicht nur für Amerika, sondern weltweit. Europa könnte sich unter diesen Voraussetzungen aus dem zusammenbrechenden Euro-System befreien, statt mit brutaler Sparpolitik, Hyperinflation und sozialem Chaos unbezahlbare Spekulationsverluste für die Finanzoligarchie einzutreiben.

     

    Mit der Glass-Steagall-Einführung wären auch die Voraussetzungen für das von Lyndon LaRouche seit langem geforderte Kreditsystem souveräner Nationen unter Führung der Vier-Mächte-Allianz USA, Russland, China, Indien geschaffen, der sich Europa anschließen kann.

     

    WICHTIG! Folgende Fragen & Antworten sind für Europa lebensnotwendige Botschaften:

     

    Frage 4: LaRouche über Merkels Zusage zum Hilfsmechanismus

    http://bueso.de/node/8784

     

    Frage 9: Deutschland verpflichtet sich, ganz Europa auszuzahlen

    http://bueso.de/node/8785

  • M
    Maria

    Die Verlogenheit mancher Politiker (z.B. die von Griechenland), hat mich auf einen Anti-EU Kurs getrieben. Ich habe keine Lust Lügner und Betrüger durch meine Steuergelder mitzufinanzieren.

  • TH
    Thorsten Hild

    Europa muss jetzt mutig sein. Es muss mehr ausgeben als es einnimmt, um aus der Krise herauszufinden. Nur erhöhte Ausgaben können Wachstum und Beschäftigung wieder so stimulieren, dass die daraus erwachsenden Einkommen schließlich auch wieder die Steuereinnahmen steigen und die Ausgaben für Arbeitslosigkeit sinken lassen und so die Haushaltsdefizite und Schulden abbauen helfen.

     

    Damit die Mehrausgaben auch in der Produktion und bei den Dienstleistungen ankommen, muss gleichzeitig der Spekulation an den Finanzmärkten Einhalt geboten werden. Würden in einem ersten Schritt die Kreditausfallversicherungen – das Spekulationsinstrument, mit dem gegen die Zahlungsfähigkeit ganzer Staaten spekuliert wird – vollständig verboten und Banken und Hedgefonds, die dennoch weiterhin in diesem Geschäft tätig werden, die Lizenz für ihr Geschäft entzogen, würde schlagartig Ruhe an den Finanzmärkten und in den von ihnen bedrohten Volkswirtschaften einkehren. Von diesem Ausgangspunkt ließe sich dann eine geordnete Krisenbewältigung für die Eurozone und darüber hinaus entwickeln und umsetzen. Gesetze und Konzepte, die diesen Schritt aussparen, sind von vornherein zum Scheitern verurteilt und bedeuten nichts anderes, als das Geld der Steuerzahler aus dem Fenster zu werfen.

     

    Mehr dazu: http://www.wirtschaftundgesellschaft.de/index.php?option=com_content&task=view&id=79&Itemid=2