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■ NormalzeitStilles Glück im toten Winkel

Wo soll das alles enden? Erst hatten wir den gemeinen Auto- Diebstahl mit und ohne Heimtücke bzw. Gewinnabsicht, ihm folgte später der massenhafte Abtransport in Form von zerlegten Einzelteilen über die Oder (Stichwort: „Drehscheibe zwischen Ost und West“). Davor kam aber noch das „Joy-Riding“ auf, wobei Autos bloß zum Spaß, für die Dauer einer Spritztour bzw. einer Tankfüllung, quasi „ausgeliehen“ wurden. In Westberlin gab es sogar eine Sängerin mit dem Namen Joy Rider, aus New York natürlich, die dieses US-Trend-Vergnügen in Berliner Talk-Shows anpries.

Eine auf öffentliche Verkehrsmittel zugeschnittene quasi Öko- Abart davon war dann das S-Bahn-Surfen, das sich mitunter in den Aufnahmestationen immer noch diagnostizieren läßt. Seit der VEB-Privatisierungsphase kommen verstärkt die „Crash-Kids“ ins Spiel, die mit ihren gestohlenen PKWs so lange gegeneinander fahren, bis nur noch einer fahrtüchtig übrigbleibt. (Viele dieser „Kids“ sind, so das Stadtmagazin Zitty, Heim- bzw. Familien-Trebejugendliche)

Auch das Joy-Riding wurde weiterentwickelt: zum Airbagging. Hierbei benutzt man geklaute Autos der gehobenen Preisklasse, die man mit Karacho irgendwo gegen eine Betonwand fährt, so daß der Airbag sich aufplustert: Jugend forscht!

Eine Subvariante dazu nennt sich Double-Airbagging. Dabei lädt man seine „Schnalle“, manchmal auch „Torte“ genannt, ein, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Dann dreht man — laut Auto, Motor und Sport — das Radio oder den Kassettenrecorder „voll uff, wa!“ Und denn knallt man volle Pulle gegen die Mauer, beobachtet dabei die Freundin aber genau (so dpa am 29. 6.). Wenn das Auto mit zwei Airbags ausgerüstet war: „Na, dann hat man eben echt Glück gehabt!“ Und was sagt die Schnalle dazu? „Ick hab mir nix anmerken lassen, der traut sich doch sowieso nich, schneller als vierzig zu fahren!“ Ihr Freund verteidigt sich matt: „Ick üb doch ooch noch!“ (Bild am Sonntag)

Und wie das so ist bei neuen „Irrsinnstrends“ (Spiegel Nr. 29): Schon gibt es ein buntes Fanzine aus Hohenschönhausen namens Airbagging Today. Zusammengestellt wird das Info „über den richtigen Gebrauch von Luxuslimousinen“ („mit den jeweils neuesten Luftsack-Testergebnissen“) von Zaggi und Kurt. Wobei Zaggi für das Layout und die Autorenpflege zuständig ist und Kurt für das, was man die „großen Zusammenhänge“ nennt. In der Nr.4 („die drei haben wir allerdings übersprungen“) findet sich dazu bereits ein „Sommerloch-Text“, der einem nahelegt, das Airbagging als die proletarische Ost-Variante zum ideologieaufgeladenen Car-Banging der West-„Klasse gegen Klasse“ bzw. der Kreuzberger „Volxsport“- Gruppe zu begreifen. Und warum auch nicht?

Helmut Höge

Wird fortgesetzt

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