Nordkorea droht mit Krieg: "Schrecklicher Feuerhagel"
Mit Kriegsdrohungen versucht Nordkorea die gemeinsamen Marinemanöver der USA und der südkoreanischen Flotte zu verhindern. Erneut war Granatfeuer zu hören.
PEKING taz | Vier Tage nachdem Nordkoreas Militär die südkoreanische Insel Yeonpyeong mit Granaten beschoss und vier Menschen tötete, bleibt die Lage brenzlig. Die amtliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA drohte Freitag mit einem Krieg, falls die USA und Südkorea an ihren geplanten Marineübungen vor der Küste festhielten – in nordkoreanischer Sprachregelung ein "dreister Plan jener schießwütigen Elemente, wieder einmal Kriegsmanöver abzuhalten, die sich gegen den Norden richten". Die Armee und das Volk von Nordkorea seien "höchst erzürnt" und bereiteten sich vor, einen "schrecklichen Feuerhagel" auszusenden.
Das lange angekündigte Manöver der südkoreanischen Armee und der US-Armee, die 28.000 Soldaten in Südkorea stationiert hat, soll am Sonntag im Gelben Meer beginnen. Nach dem Feuergefecht am Dienstag hatten die USA entschieden, ihren atomgetriebenen Flugzeugträger "USS George Washington" dorthin zu entsenden. Die Übung soll gut 100 Kilometer südlich von Yeonpyeong stattfinden, dessen Bewohner inzwischen evakuiert wurden.
Der US-Kommandeur in Südkorea, General Walter Sharp, besuchte gestern die Insel. Wenig später gerieten Bewohner der umliegenden Inseln in Panik, als sie erneut Granatfeuer aus dem Norden hörten. Doch die Geschosse fielen auf nordkoreanischer Seite ins Meer.
In Südkorea übernahm derweil der ehemalige Generalstabschef Kim Kwan Jin den Posten des Verteidigungsministers. Der bisherige Amtsinhaber Kim Tae Young war am Donnerstag zurückgetreten.
In China versuchten Politiker die Lage zu beruhigen. Die amtlichen Medien wiederholten gestern die Beschwörungen von Ministerpräsident Wen Jiabao. Der hatte am Donnerstag "alle Seiten" aufgefordert, "größtmögliche Zurückhaltung" zu üben und zu den "Sechs-Parteien-Gesprächen" zurückzukehren, an denen Nord- und Südkorea, China, die USA, Japan und Russland teilnehmen. Diese Verhandlungen, bei denen Nordkorea dazu gebracht werden soll, sein Atomprogramm aufzugeben, stocken seit eineinhalb Jahren.
Derweil gehen die Spekulationen weiter, was die Nordkoreaner antreibt. Professor Zhu Feng vom Institut für internationale Beziehungen der Peking-Universität sah den "ältesten Trick", um die USA zurück an den Verhandlungstisch zu zwingen: "Sie wollen die Verhandlungen mit einem großen Knall zu ihre Gunsten wenden."
In Südkorea teilte der Koreaexperte Andrei Lankov in einem Fernsehinterview diese Sicht: "Wen Pjöngjang meint, es müsse mehr Hilfe und Zugeständnisse erpressen, dann produziert es üblicherweise zuerst eine Krise. Wenn die Spannungen hoch genug sind, schlägt es Gespräche vor, um sich für weniger gefährliches Benehmen bezahlen zu lassen."
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten