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■ Nord-Korea ist zu Gesprächen mit dem Süden bereitVerhandlungen als Ventil

Auf der koreanischen Halbinsel müssen bis heute Frieden und Entspannung mühsam buchstabiert werden. Bislang waren das Hochschaukeln gegenseitiger Feindbilder und gelegentliches Säbelrasseln wie in der jüngsten U-Boot-Affäre auffällige Konstanten im Verhältnis zwischen Nord- und Süd-Korea. Jetzt scheint das Kriegsbeil erst einmal beiseite gelegt zu sein.

Noch in diesem Monat soll ein Vorbereitungstreffen über Friedensgespräche stattfinden, an dem auch die USA und die VR China teilnehmen sollen. Dabei geht es um einen dauerhaften Frieden, der den seit Juli 1953 im Grenzort Panmunjom ausgehandelten Waffenstillstand ablösen soll.

Zwar gab es 1972 und 1991 Avancen zwischen Seoul und Pjöngjang. Doch sie versandeten aufgrund jeweiliger innenpolitischer Schwierigkeiten. Ende 1972 verhängte der damalige Präsident Süd-Koreas, Park Chung-Hee, das Kriegsrecht, während Nord-Korea nach der Erosion der realsozialistischen Regime seine Politik überdenken mußte. 1994 gar malten die USA das Schreckgespenst einer atomaren Bedrohung durch Nord-Korea an die Wand, um Anfang 1995 mit Pjöngjang stillschweigend die Lieferung von Leichtwasserreaktoren und Erdöl sowie die Einrichtung von Liaison-Büros in den jeweiligen Hauptstädten zu vereinbaren. Für Pjöngjang bedeutete dies zweifellos einen politisch-diplomatischen Erfolg, der seine jetzige Teilnahme an den Vierergesprächen erleichterte.

Die Kalküle auf beiden Seiten sind klar: Nord-Korea befindet sich nach verheerenden Naturkatastrophen in einer prekären wirtschaftlichen Situation. Innenpolitisch steht die offizielle Amtsübernahme von Kim Jong Il, dem Sohn Kim Il Sungs, noch aus. Um schließlich seine ehrgeizigen Joint-venture-Vorhaben im Grenzgebiet zu China und Rußland erfolgversprechend anzukurbeln, muß Pjöngjang zudem darauf bedacht sein, als berechenbarer und zuverlässiger Verhandlungspartner zu gelten. In Süd-Korea steht Präsident Kim Young-Sam seit der Verurteilung seiner beiden Vorgänger im Sommer letzten Jahres und aufgrund der aktuellen Demonstrationen der Gewerkschaften unter Druck. Zudem werfen ihm die außerparlamentarische und Teile der parlamentarischen Opposition Untätigkeit in der Wiedervereinigungspolitik vor. So kann denn Kim dem innenpolitischen Druck ein Ventil öffnen, indem er an den Vierergesprächen teilnimmt und somit seinerseits zur Lösung aus der Starrheit beiträgt. Rainer Werning

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