: Noch mehr Stimmen für Konferenzenkirchen
Die Serie zur NRW-Kommunalwahl am 26. September. Heute: Gute Laune, viele Worte und kein Geld in Gelsenkirchen
Gelsenkirchen?Selbst ernannte Kirchenmaus des Ruhrgebiets. 16 Prozent Arbeitslosigkeit (Tendenz steigend), 275.000 Einwohner (Tendenz fallend). Glänzte in den vergangenen Monaten vor allem durch Selbstmitleid und Konferenzeritis. In Zukunft: Solarstadt, Technologiezentrum, Modellstadt für Seniorenwirtschaft oder deutscher Fußballmeister – alles ungefähr gleich wahrscheinlich.Wer hat was zu verlieren?Oliver Wittke, vor fünf Jahren mit damals 33 Jahren Sensationssieger in der Arbeiterstadt, geht diesmal als Favorit ins Rennen. Die MLPD-Initiative AUF will ihre zwei Ratssitze verteidigen.Wer regiert im Rathaus?
Oliver Wittke Superstar. Agiler Medienprofi, Medienjunkie und Medienliebling. Redet manchmal schneller, als er denkt und will vieles danach doch wieder nicht so gesagt haben. Sein Macher-Image kommt aber an. Hat einen guten Draht zu Angela Merkel, mit Jürgen Rüttgers versteht er sich weniger gut.Wer will da rein?Für die SPD soll Frank Baranowski das Rathaus zurückerobern. Der 42-jährige Landespolitiker gibt sich smart, locker und will Gelsenkirchen wieder ein positiveres Image verpassen. OB Wittke jammert ihm zu viel. Unaufhaltsam auf dem Weg in den Stadtrat befindet sich auch taz-Kolumnist, Dichter und Gesamtkunstwerk Jürgen Schimanek mit seiner Wahlgemeinschaft KÜP 27. „Wittke ist Schittke“, sagt der und hält sich selbst für den einzig interessanten Kandidaten.
Was gibt es im Wahlkampf außer Kugelschreibern?
Oliver Wittke düst im Wahlkampf-Beetle durch die Stadt, als Beifahrerin konnte er auch schon seine Freundin Angie gewinnen. Das heißeste Wahlkampfthema außer der Frage nach Sinn und Unsinn von Konferenzen: Die Sanierung des Hans-Sachs Hauses. 81 Millionen Euro hat die Stadt dafür ausgegeben, nach Meinung der SPD verschwendet. Die Sozialdemokraten hat das ermutigt, einen old-school-Wahlkampfsspruch neu aufzulegen: „Ruinen schaffen ohne Waffen.“Und wer hat die schönsten Wahlplakate?Ohne Zweifel Jürgen Schimanek. Der plakatiert nicht nur formschöne Mülltonnen, sondern auch Sinnsprüche: „Parteien sind Kwark. Für Gelsenkirchen den Sarg“, hat er sich einfallen lassen und mit wetterfestem Filzstift auf seine Druckplatten gemalt Die taz-Prognose?„Ich fürchte mich doch nicht vor der Kommunalwahl. Die gewinne ich sowieso“, hat Oliver Wittke einmal gesagt. Wahrscheinlich behält er Recht. KLAUS JANSEN