Noch mehr Atommüll nach Gorleben: Endlager laufen über
Nach Gorleben soll wesentlich mehr Abfall kommen als bisher bekannt, allerdings mit geringer Strahlung. Ob die marode Asse geleert wird, ist wieder unklar.
BERLIN taz | Seit Jahren tobt der Kampf um den Salzstock Gorleben, der als einziger Standort in Deutschland als mögliches Endlager für hoch radioaktive Abfälle erkundet wird. Wie jetzt bekannt wurde, könnte der Müllberg, der dort gelagert werden soll, um mehr als das Doppelte wachsen. Nach Zahlen des Bundesamtes für Strahlenschutz um 105.500 Kubikmeter, was mehr als das Dreifache der bisher bekannten Menge wäre. Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit überprüft derzeit die Eignung des Salzstocks als Endlager und geht von 44.800 Kubikmetern aus. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl hervor.
Einen großen Teil macht abgereichertes Uran aus, das in großen Mengen bei der Herstellung von Brennelementen anfällt. Ursprünglich sollte das Material im bereits zugelassenen Endlager für schwach- und mittelradioaktive Stoffe, dem Schacht Konrad in der Nähe von Salzgitter, untergebracht werden.
Allerdings, so schreibt die Regierung, strahlen Teile des Mülls so stark, dass sie "nicht Konrad-gängig" seien. Trotzdem würde der zusätzliche Müll die Strahlenbelastung in Gorleben kaum erhöhen: Über 99 Prozent käme nach wie vor von den abgebrannten Brennstäben und den Abfällen aus den Wiederaufbereitungsanlagen La Hague und Sellafield.
"Wieder einmal fehlt es an Transparenz in Gorleben. Dabei wird längst geprüft, ob in Gorleben mehr als die doppelte Menge Atommüll eingelagert werden kann", kritisiert Kotting-Uhl.
Tatsächlich ist noch nicht ausgemacht, ob das Lager überhaupt genehmigt wird, ob Platz für den Müll ist, ebenfalls nicht. 1,5 Milliarden Euro haben die bisherigen Erkundungen gekostet, alternative Standorte sind nie untersucht worden. Mehr als 100 Castorbehälter lagern oberirdisch im Zwischenlager Gorleben. Bund und Länder wollen bis Ende 2011 prüfen, wie ein Neustart bei der Endlagersuche aussehen könnte.
Woanders ging die Sache bereits schief: Der Salzstock Asse in Niedersachsen läuft mit Wasser voll. Die rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Abfall aus den 60er und 70er Jahren stammen zum größten Teil von den heutigen AKW-Betreibern Vattenfall, Eon, RWE und EnBW. Eigentlich sollte der Müll geborgen werden.
Doch jetzt schreibt das Umweltministerium in einem der taz vorliegenden Bericht, die Rückholung stehe infrage. Ungeklärt seien etwa Zustand und Inhalt der Fässer. Im Dezember 2011 soll eine Kammer angebohrt und untersucht werden. Die Sanierungskosten werden auf 4 Milliarden Euro taxiert, bezahlt von der öffentlichen Hand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen