piwik no script img

■ Noch 3318 Tage bis zum Jahr 2000Die Invasion der Weihnachtsbäume

Noch gut drei Wochen, dann ist es wieder soweit. Die Vorbereitungen für die Nacht der Nächte laufen überall auf vollen Touren: In Spanien hat der alte Wolkenschieber es mächtig schneien lassen. Auf der Ferieninsel Mallorca sind die Berggipfel ab 900 Meter von Schnee bedeckt. In Paris drehen sie völlig hohl. Die 300 Allee-Bäume des Champs-Elysees erstrahlen während der Weihnachtszeit im Licht von 75.000 Glühlampen. Das ist die bisher aufwendigste Festbeleuchtung der Prachtstraße. Über zwei Millionen Francs (600.000 Mark) kostet der Spaß. Insgesamt werden auf Initiative der Stadt Paris in diesem Jahr 150 Straßen und Plätze weihnachtlich ausgeleuchtet. Das sind ein Drittel mehr als im Vorjahr. 50 Kilometer Lichtgirlanden mit 250.000 Lampen sollen für Stimmung sorgen.

Bei uns läuft der gleiche Weihnachtsblues wie jedes Jahr ab. Die Tierschützer und Verhaltensforscher warnen vor lebenden Geschenken („Tiere gehören nicht unter den Weihnachtsbaum!“), die Banküberfälle nehmen im Dezember rapide zu (im letzten Jahr um mehr als zehn Prozent), und Ernährungswissenschaftler führen wieder ihren aussichtslosen Kampf gegen die weihnachtliche Freßorgie. Auch der liebste Baum der Deutschen, der Weihnachtsbaum, sorgt wieder für Gesprächsstoff. Schon letzte Woche gab die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald bekannt, daß niemand auf seinen Weihnachtsbaum verzichten müsse, um dem deutschen Wald zu helfen. Denn die 16 Millionen Bäume, die jährlich in bundesdeutschen Haushalten als Zimmerdekoration herhalten müssen, wurden in speziellen Weihnachtsbaumkulturen gezüchtet oder stammen aus der planmäßigen Durchforstung. Dabei spielt Dänemark eine entscheidende Rolle. Das kleine Land ist der weltweit größte Christbaumexporteur. Absoluter Verkaufshit ist der „Nordmann“, eine Edeltanne. Derzeit rollen täglich 30 Lastwagen mit der grünen Fracht über die deutsche Grenze. Der dänische Großhändler Teddy Hartlev Thomsen rechnet damit, knapp drei Millionen Tannen, davon rund 200.000 für die ehemalige DDR, in diesem Jahr bei uns absetzen zu können. Die Nachfrage nach den Nordmännern wird auch in den kommenden Jahren erheblich steigen, meint der Experte. Lange geht das jedoch nicht mehr so weiter. Man kommt mit der Aufzucht der Tannen einfach nicht mehr nach. In drei bis vier Jahren, schätzt Thomsen, werden in Dänemark die Grenzen des Wachstums sprichtwörtlich erreicht sein. Karl Wegmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen