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Nils Schuhmacher Hamburger SoundtrackEinerseits, andererseits

Zweihundertundfünfzig JahreJethro Tull(20. 11., Barclay-Card-Arena). Jethro Tull gründeten sich 1769 im damals noch beschaulichen Küstenflecken Blackpool. Mods und Rocker, die sich in der Stadt in den 1960er-Jahren blutige Schlachten lieferten, waren noch nicht erfunden. Ebenso wenig ihre Musik: Progressive Rock, Folk Rock, Electronic Rock und Hardrock – und überhaupt Elektrizität.

Insofern kein Wunder, dass zum zentralen Element der Band die in diesem Jahrhundert popularisierte Querflöte wurde, deren Töne sich später in die verschiedenen Stile einschmiegten, die die Band abarbeitete. Und dort klingen sie noch heute. Gespielt von Bandgründer Ian Anderson, der bereits knapp 30 unterschiedliche Bandmitglieder an sich hat vorüberziehen sehen. Nur eine Sache ist noch nicht beantwortet: Wo gehören Anderson und seine Flöte im Kampf der (Sub-)Kulturen nun genau hin? Einerseits ist er seit jeher „als Rocker unterwegs“ (Augsburger Allgemeine) (und somit von Mod-Einflüssen unberührt). Andererseits wird mit Blick auf die Flöte festgestellt: „Die Beschreibung ‚Rock‘ passt nicht“ (Heilbronner Stimme).

Fünfundzwanzig Jahre Potato Fritz (16. 11., Westwerk). Potato Fritz gründeten sich 1994 in Hamburg, stammen aber in Teilen aus Quickborn, der Stadt, in dem sich der TuS Holstein Quickborn heute seine blutigen Schlachten nur noch in der Kreisliga liefert. Und Ähnliches gilt auch für die ganzen Unterwelten, zwischen denen sich die Band seit Anbeginn – und ohne Besetzungswechsel – wie ein kleines Chamäleon bewegt.

Heinz Karmers Tanzcafé und Hüsker Dü gab’s nicht mehr, als die Gruppe zum zehnjährigen Bestehen ihr Debütalbum veröffentlichte. Auf den dann folgenden Single- und Compilation-Beiträgen hörten manche neben „Noise“ und „Indierock“ auch „Pop“-Elemente heraus und verstiegen sich zu abenteuerlichen Analogien Richtung Emo und Hamburger Schule. Belegen ließ sich das bislang nicht.

Also einfach mal freuen, dass dieser angetrunkene Geheimagent des Guten bereits mehrere Generationen von Sachverständigen überstanden hat. In aufreizender Langsamkeit: „Wir könnten sofort eine zweite halbherzige Platte aufnehmen, aber warum?“, äußerte sich Sänger Bernd Kroschewski in der Mopo. Vor zehn Jahren. Happy Birthday.

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