piwik no script img

Nils Schuhmacher Hamburger SoundtrackDie Pointe der Woche

Der Bandname der Woche lautet: Die Cigaretten (15. 12., Molotow). Die Gruppe klingt ein bisschen wie die späten Lemonheads, deren Songs man Texte und Kommentierungen verpasst hat, die eine Spur pennälerhaft, „witziger“ und deutscher ausfallen. Aber entscheidend ist nicht allein, wie es klingt (okay) oder aussieht (Duo), sondern auch, wie es riecht. Und mit dem Namen wird sogar auf gleich doppelte Weise eine Duftmarke gesetzt, an die andere erst mal herankommen müssen. Zum Beispiel Ash (war gestern schon), Smokestack Lightnin’(13. 12., Nochtwache) oder Pur (14. 12., Barclay-Card-Arena).

Zum einen tritt man entschlossen dem allgemeinen Gesundheitswahn entgegen, der seine eigenen Folgeprobleme schafft. Man denke nur an den ehemaligen Black-Flag-Sänger Henry Rollins (13. 12., Kampnagel), der weder raucht noch trinkt und aus diesem Grunde noch 30 weitere Jahre sein Publikum an die Wand predigen kann.

Das allgemeine Gesundheitsgebot führt zudem dazu, dass man sich, jenseits von Sportlerheimen vielleicht, nirgendwo mehr eine anstecken kann. Allein schon nicht, weil dann an irgendwelchen Personen angebrachte Selbst­optimierungsgeräte Alarm geben, die Band übertönen und den Abend versauen.

Zum anderen erinnert der Bandname aber auch an einen großen Hamburger, der dieser Tag seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Helmut Schmidt wurde als Kämpfer gegen die deutsche Regulierungswut berühmt, die er unter anderem am allseits herrschenden Rauchverbot festmachte. Weil er es für eine vorübergehende Erscheinung hielt, setzte er sich bei jeder Gelegenheit darüber hinweg (außer beim Klavierspielen).

Dass überhaupt noch geraucht werden darf, ist letztlich also dem Strategen Schmidt zu verdanken. Und dass er nebenbei in Deutschland die RAF und in Hamburg die Flut besiegte, zeugt davon, dass man auch als Kettenraucher*in nicht wehrlos und handlungsunfähig ist.

Und Schmidt hat vorgesorgt und früh seine Nachfolge geregelt. Udo Lindenberg erklärte vor zwei Jahren im Focus: „Ich rauche im Auftrag von Helmut Schmidt“, weil dieser ja nun nicht mehr kann. Schlecht für Herrn Lindenberg: Mit dieser Haltung wird er am 15. 12. jedenfalls nicht ins Molotow kommen. Dort „herrscht“ natürlich Rauchverbot. Pointe der Woche.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen