piwik no script img

Nigerianische Brautpreis-AppIst die Braut was wert?

Ein App, mit der man den Wert einer Frau berechnen kann, sorgt im Netz für Aufruhr. Vielleicht hat man aber auch das Augenzwinkern übersehen.

Wer eine Hautfarbe wie die kenianische Schauspielerin Lupita Nyong'o vorweisen kann, liegt bei der App gut im Rennen. Bild: ap

In einigen Gegenden von Nigeria war es lange Tradition, vor der Hochzeit einen Brautpreis zu bezahlen, sonst konnte die Eheschließung nicht rechtmäßig vollzogen werden. Anders als die Mitgift, die das Ehepaar erhält, bekommen den Brautpreis die Eltern der Braut. Meist handelte es sich dabei um Geschenke oder Geld. Anhand von verschiedenen Attributen wurde gemessen, ob eine Frau nur eine kleine Summe, oder ein kleines Vermögen wert ist.

Welche Attribute etwas wert sind und wonach sich keiner umdreht, kann man jetzt einfach online in der „Brideprice-App“ herausfinden. Man gibt die Größe, Körper- und auch die Beinform an. Wenn man etwa ähnliche Schenkel wie Beyoncé besitzt, bringt das eine Menge Punkte. Auch nach den Zähnen wird gefragt – ein Diastema, also die Lücke zwischen den Vorderzähnen, galt in Nigeria lange als attraktiv.

Die Hautfarbe ist ebenfalls ausschlaggebend von Frauen, die ihre Haut bleichen, halten die Entwickler der App nicht viel. Wer aussieht wie die kenianische Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong'o, steht besser da. Dann wird noch nach den Kochkünsten, der Ausbildung und dem Job gefragt.

Viel Geld gibt es für Jobs bei Ölkonzernen und bei Masterabschlüssen. Bei einem Doktortitel sinkt der Betrag aber wieder. Zu intelligent darf sie ja auch nicht sein, die Braut. Am Ende berechnen die virtuellen Ältesten, wieviel Geld die Eltern für die Tochter bekommen – in nigerianischen Naira, versteht sich.

„Die App ist ein Witz“

Wer sich die App genauer ansieht und versucht die verschiedenen Antworten zu verstehen (Übersetzungshilfe weiter unten), bekommt schnell den Eindruck, dass es sich um einen Scherz der jungen Generation handelt, die die Vorstellungen der älteren Generationen auf die Schippe nimmt. Vielleicht nimmt sie auch ein Stück weit die einseitigen Ansichten, die die westliche Gesellschaft nicht nur über das Land, sondern gleich über den ganzen Kontinent hegt, mit auf die Schippe. Vielleicht macht sie sich auch nur über sich selbst lustig.

Die Bloggerin Bim Adewunmi schreibt auf The Independant, dass sie gar keine Lust gehabt hätte, sich mit der App zu befassen, weil die „westlichen Schilderungen über Afrika und die Afrikaner so gestrig, ermüdend und falsch sind“. Ihre Generation sei der überlappende Teil eines Mengendiagramms aus der nigerianischen Kultur ihrer Eltern und der westlichen Kultur, die sie erleben. „Darum geht es in dieser App“, schreibt sie.

Im Haftungsausschluss der Webseite wurde vorsorglich noch erwähnt: „Diese App ist ein Witz“. Aber trotz allen Hinweisen hat die Webseite eine Kontroverse im Netz ausgelöst. Inzwischen gibt es eine Petition, die fordert, dass die App verschwindet. Dabei könnte man, wenn man sich die Antworten genauer ansieht, auch noch einiges dazulernen – zumindest, wenn man von Nigeria so viel Ahnung hat wie der typische Durchschnittseuropäer. Deshalb hier der Versuch einer Übersetzung:

Aki & Paw Paw: zwei kleinwüchsige nigerianische Schauspieler.

Ada Ada: bezieht sich wohl auf die junge Frau in diesem Musikvideo von dem Musiker Flavour. Achtung Ohrwurm.

Caro: bezieht sich auf den Typ Frau, der in diesem Musikvideo von Stay Boy zu sehen ist.

Orobo: nigerianischer Slang für eine fettleibige Person.

Mama Ronke: das ist wohl die höchste Gewichtsklasse.

Okocha: Das bezieht sich wohl auf die Beine des nigerianischen Fussballspielers Jay-jay Okocha.

Whitenicious: Der Name einer Creme, die die Haut bleicht.

Lupita: Lupita Nyong'o, die kenianische Schauspielerin.

Ronaldinho: bezieht sich auf die Zähne des Fussballspielers.

Naija: Bezeichnet jemanden, der aus Nigeria kommt.

Calabar: ist eine Hafenstadt in Nigeria, die für spezielle Delikatessen bekannt ist.

Orishirishi: Eine Art Fleisch und Gemüse-Eintopf mit Reis.

Indomie: eine Instantnudel-Marke

Pounded Yam: eine Art Germknödel

Maga dependent: bedeutet „von einem Kerl abhängig“

Dangote Group: ein Industriekonglomerat in Westafrika

Emeka & Sons: ein Supermarkt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Themen #Nigeria
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Als ob Europa anders wäre.

  • Oh, wie schlimm, diese App. Und jetzt kommt sie wieder, die Litanei: rassistisch, frauenfeindlich, .... Ich wünsche mir mal eine App, die die Humorosigkeit von Artikeln automatisch anzeigt und bei unterschreiten eines Mindestwertes dem Autor eine Katuscha ins Haus schießt. Ooooooooh, nein. Das geht ja nicht. Das ist ja jetzt wieder militaristisch und somit rechts und geht auch nicht. Naja, dann anstelle einer Katuscha eben Marshmallows. Ihr seid echt hoffnunglos humorlos, ihr Deutschen.

  • 6G
    677 (Profil gelöscht)

    Ich finde, so etwas sollte es öfter geben.

    Dann kann sich die "Empörung" im "Netz" an Stellen austoben, wo sie keinen Schaden anrichtet.