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Niemand hat die Absicht eine Fußgängerzone zu bauenKuddelmuddel am Checkpoint

Grüne fordern neues Verkehrskonzept für den Checkpoint Charlie - sogar eine komplette Sperrung der Friedrichstraße für Autos sei denkbar.

Am Checkpoint Charlie treffen stets jede Menge Fußgänger auf Autofahrer Bild: AP

Der Checkpoint Charlie im südlichen Teil der Friedrichstraße lockt jeden Tag unzählige Touristen an. Und nicht nur die: Im Schritttempo fahren Autos durch die schmale, aber viel befahrene Nord-Süd-Achse, Radfahrer schlängeln sich durch die Lücken, Reisebusse parken halb auf den engen Bürgersteigen. Eine unhaltbare Situation - vor allem für die Touristen, meint die Grünen-Fraktion. Sie hat den Senat in einem Antrag aufgefordert, ein neues Verkehrskonzept für den Bereich zu entwickeln.

"Die jetzige Situation entspricht nicht der Würde dieses ganz besonderen Ortes deutsch-deutscher Geschichte", sagt die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Hämmerling. Im Zuge eines neuen Konzepts kann sich Hämmerling sogar die komplette Sperrung der Friedrichstraße zwischen Zimmer- und Kochstraße für den Autoverkehr vorstellen. Befürchtungen, dass es dadurch zu noch längeren Staus kommen könnte, erteilt sie eine Absage. Dass so viele Autoströme über die Friedrichstraße flössen, sei sowieso nicht gutzuheißen.

Weiterhin zieht Hämmerling die Umsetzung des holländischen Verkehrsmodells "Shared-Space", das anstelle strenger Verkehrsregeln eine gemeinsame Nutzung des öffentlichen Straßenraumes von allen Verkehrsteilnehmern vorsieht, für den Bereich zwischen Schützen- und Kochstraße in Betracht. "Was in einer Metropole wie London funktioniert, kann auch in Berlin funktionieren", so Hämmerling.

Daran glaubt der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Christian Gaebler, keineswegs. Zwar gebe es bestimmte Punkte in Berlin, an denen ein solches Modell durchaus sinnvoll sein könne. "Aber im Bereich rund um den Checkpoint Charlie ganz sicher nicht", so Gaebler.

Zum Glück sei die Straße an der Stelle kein Unfallschwerpunkt, sagt die Sprecherin der Senatsstadtentwicklungsverwaltung, Manuela Damianakis. Was die Polizei, die den Bereich als "komplett unauffällig" bezeichnet, bestätigt. Von einer "gefährliche Ecke" kann laut Polizei jedenfalls keine Rede sein.

Von der Senatsstadtentwicklungsverwaltung wird die Situation dennoch kritisch beobachtet: Tatsächlich herrsche rund um den Checkpoint Charlie ein "ganz schönes Kuddelmuddel", so Sprecherin Damianakis. Von Polizei und Ordnungsamt würde man sich dort wünschen, dass durch mehr Kontrollen die Zahl der in dem Bereich verbotenerweise parkenden Touristenbusse verringert werde. Über eine Teilsperrung könne man gegebenenfalls nachdenken, sobald der Durchstich der Axel-Springer-Straße zur Leipziger Straße geschehen sei. "Aber so weit sind wir noch nicht", so Damianakis.

FDP-Verkehrsexperte Klaus-Peter von Lüdeke schließt sich der Forderung der Grünen nach einem neuen Verkehrskonzept an. "Die derzeitige Situation ist dem Ort nicht angemessen", so von Lüdeke. Er hält das von den Grünen vorgeschlagene "Shared-Space"-Modell für eine "sehr interessante Geschichte". Die FDP will nun ein Pilotprojekt durchsetzen, das diesem Modell eine Chance gewähren soll.

Jutta Matuschek, Verkehrsexpertin der "Linken", ist weniger entschlossen. Doch auch sie hält es für notwenig, über mögliche Verbesserungen nachzudenken. Mit einer generellen Sperrung des Bereichs für den Autoverkehr kann sie sich jedoch nicht anfreunden. "Man muss eine vernünftige Lösung finden, die die Interessen aller Verkehrsteilnehmer berücksichtigt", so Matuschek.

CDU-Verkehrsexperte Rainer Ueckert hingegen sieht überhaupt keinen Handlungsbedarf. "Es bringt nichts, immer gleich ein neues Konzept zu fordern, wenn es mal eng wird." Mit der jetzigen Situation müsse man leben - und das ginge doch eigentlich auch ganz gut.

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