Niedersachsen bleibt auf Schlamm sitzen: Asbesttransporte sind zu gefährlich
Die Landesregierungen von Schwerin und Kiel lehnen die Annahme von Asbestmüll aus der Region Hannover ab. Der Transport ohne spezielle Verpackung ist zu gefährlich.
BERLIN taz | Die Region Hannover bleibt vorerst auf 160.000 Tonnen asbestverseuchten Mülls sitzen. Die Landesregierungen in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein haben nach heftigen Protesten von Anwohnern und Umweltorganisationen am Dienstag entschieden, dass ihre Sondermülldeponien den Abfall nicht wie vorgesehen aufnehmen.
Sie stützen sich dabei auf ein Rechtsgutachten, dass die vorgesehenen Transporte nach Ihlenberg und Rondeshagen kritisiert.
"Die Ergebnisse sind eindeutig: Die Transporte dürfen so, wie das geplant ist, nicht durchgeführt werden", sagten Ministerpräsident Erwin Sellering und der Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus, Harry Glawe, in Schwerin.
Die vorgesehene unverpackte Beförderung des asbesthaltigen Schlamms verstoße gegen die einschlägigen gefahrgutrechtlichen und gefahrstoffrechtlichen Vorschriften. Es sei zweifelhaft, ob bei Transporten über so weite Strecken eine solche Genehmigung erteilt werden könne.
Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt erklärte, man habe über den Transport nach bestem Wissen und Gewissen entschieden. Nun müssten die zuständigen Ministerien der drei Länder verhandeln.
Asbestfasern in der Luft können Lungenkrankheiten und Krebs auslösen, darum ist das Material in Deutschland seit 1993 verboten.
Ob die Entscheidung grundsätzlich die Geschäftsgrundlage der hauptsächlich betroffenen Sondermülldeponie Ihlenberg, nahe Lübeck in Westmecklenburg gelegen, infrage stellt, die von Sondermülllieferungen aus der ganzen Bundesrepublik und dem Ausland lebt, wollte die Schweriner Landesregierung gestern nicht kommentieren. Das sei nicht Gegenstand der Beratungen gewesen.
Strenge Kontrollen gefordert
Sondermülltransporte seien nicht grundsätzlich problematisch, sagt der Abfallexperte des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND), Heribert Wefers. Sie müssten nur nach den genauen gesetzlichen Vorgaben durchgeführt werden.
"Hier hapert es oft, die Branche braucht strengere Kontrollen", sagt Wefers. Verantwortlich für den Berg aus Asbestschlamm ist die inzwischen insolvente Firma Fulgurit, die jahrzehntelang der größte Hersteller von Asbesterzeugnissen in Deutschland war.
Von dem Abfall soll nach Behördenauskunft akut keine Gefahr ausgehen, weil er mit einer Erdschicht bedeckt ist. Allerdings soll die Deponie in Wunstorf-Luthe geräumt werden, weil auf dem Gelände ein Gewerbegebiet geplant ist. Der Abtransport sollte ursprünglich im November beginnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch