Niederlage für Obama: US-Gericht hebt Bohrstopp auf
Nach der Katastrophe auf der Deepwater Horizon hatte Obama ein Moratorium für neue Bohrungen im Golf von Mexiko verhängt. Doch dieser Schritt war "willkürlich" urteilt nun ein Gericht.
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Opfer der Ölpest am Golf: Brauner Pelikan wird von Helfern gewaschen. Bild: ap/greenpeace
NEW ORLEANS afp | Per einstweiliger Verfügung hat ein US-Gericht den von US-Präsident Barack Obama verhängten Öl-Bohrstopp im Golf von Mexiko aufgehoben. Das sechsmonatige Moratorium, mit dem Obama auf die verheerende Ölpest im Golf reagiert hatte, sei rechtswidrig, entschied ein Bundesgericht in New Orleans am Dienstag und entsprach damit der Klage von 32 Öl-Unternehmen. Das Weiße Haus kündigte an, gegen das Urteil Berufung einzulegen.
In der Urteilsbegründung schrieb Richter Martin Feldman, die Kläger könnten "ohne Zweifel" beweisen, dass die Entscheidung der US-Behörden "willkürlich" gewesen sei. Der Bohrstopp sei daher "ungültig". Zudem sei eine Aufhebung des Moratoriums im öffentlichen Interesse. Damit folgte er der Argumentation von Anwalt David Rosenblum, der mehrere der 32 klagenden Unternehmen vertritt.
Rosenblum hatte am Montag bei einer Anhörung in New Orleans erklärt, der sechsmonatige Bohrstopp bestrafe die gesamte Branche. Es gebe im Golf von Mexiko "ein ganzes Ökosystem von Unternehmen, die durch dieses Moratorium jeden Tag geschädigt" würden. Von dem Bohrstopp sind 33 Ölquellen im Golf von Mexiko betroffen. Die Ölindustrie ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region.
Das Weiße Haus kündigte umgehend Berufung an. Sprecher Robert Gibbs sagte, Präsident Obama, das Innen- und das Justizministerium seien grundsätzlich davon überzeugt, dass Tiefseebohrungen ohne angemessenes Wissen über die Risiken "keinen Sinn" hätten. Die Bohrungen "bedrohen die Sicherheit der Arbeiter auf den Bohrinseln und die Umwelt am Golf".
US-Innenminister Ken Salazar bezeichnete das Moratorium in einer Erklärung als "richtige Entscheidung". Er kündigte an, eine neue Anweisung zu erteilen, um dem Stopp der Tiefseebohrungen Geltung zu verschaffen. Jeder Tag, an dem das Öl weiter ungehindert aus dem Bohrleck am Grund des Golfs ins Meer ströme, führe mit "aller Deutlichkeit" die "Notwendigkeit einer Pause der Tiefseebohrungen" vor Augen. Die Ölindustrie müsse zunächst für Sicherheit sorgen. Er werde in den kommenden Tagen eine neue Anweisung erteilen, die "jeden Zweifel beseitigt, dass ein Moratorium nötig ist, angemessen ist und unsrer Befugnis unterliegt."
Ende April war die vom britischen Energiekonzern BP betriebene Ölplattform "Deepwater Horizon" explodiert und gesunken. Seitdem laufen Millionen Liter Rohöl aus dem lecken Bohrloch ins Meer aus und verschmutzen die Küsten.
Der Energieausschuss im Senat legte einen Gesetzesentwurf mit vor, der die Regeln für Ölbohrungen im Meer reformiert und die Zuständigkeit des Innenministeriums im Umgang mit Ressourcen und Umweltschutz ändert. Zudem wird die Behörde für Rohstoffverwaltung (MMS) wie von Obama angekündigt reorganisiert.
Das Weiße Haus hatte zuvor mitgeteilt, BP und seinen Partner müssten weitere 51 Millionen Dollar (umgerechnet rund 41 Millionen Euro) zahlen. BP müsse als Verursacher der Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko für die Kosten ihrer Beseitigung aufkommen. Zwei vorherige Rechnungen in Gesamthöhe von 70,89 Millionen Dollar habe der Konzern bereits "in vollem Umfang" bezahlt. Nach jüngsten Konzernangaben hat die Ölpest BP bisher rund zwei Milliarden Dollar gekostet. BP kündigte dennoch an, auch künftig auf Ölförderung in der Tiefsee zu setzen.
Leser*innenkommentare
Wolfgang
Gast
Erinnerung an die Folgen der (BP-) Ölpest des Profitsystems: Lungen-, Kehlkopf-, Hautkrebs- Fortpflanzungs- und Fruchtschädigung!
Die ersten Opfer sind Seevögel, Fische, Delfine und Meeresschildkröten, Muscheln, Schnecken und andere Kleinlebewesen, die in der Nahrungskette entscheidend sind.
Der sichtbare Ölteppich an der Wasseroberfläche und an der Küste ist nur ein Teil der Schäden. Die giftigen Ölschwaden unter Wasser sind bis zu 16 Kilometer lang, 6 Kilometer breit und (mehrere) hundert Meter hoch. Die Giftschwaden ziehen sich durch tiefere Wasserschichten. Auch eine Folge des massiven Einsatzes von giftigen chemischen Dispersionsmitteln. Davon wurden von BP offiziell 1,8 Millionen Liter eingesetzt.
Aus dem Öl-Asphalt vom Meeresboden werden polyzykliche aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) frei, die von Kleinstlebewesen aufgenommen werden. Die werden von Muscheln und Fischlarven gefressen. Mit der Zeit reichern sich die extrem giftigen und krebserregenden PAKs in der Nahrungskette an. Über Fische und andere Meerestiere landen diese giftigen Stoffe auf den Tellern der Menschen. - Die Vergiftung von Natur und Mensch als Folge des Profitsystems ...
HansHubert
Gast
Die Verstrickungen der Richter in die Ölindustrie könnte man wenigstens am Rande erwähnen. http://news.yahoo.com/s/ynews/20100622/ts_ynews/ynews_ts2771
denksema
Gast
Diese und andere Ölkatastrophen in der Vergangenheit zeigen, daß die Sicherheitsanforderungen zum Vorteil der Öl-Multis weitaus zu großzügig gestaltet- und in der Überwachung teils gezielt-, teil versehentlich schlampig umgesetzt wurden.
Ich kenne keinen Öl-Multi, dem man bei entsprechender Initiative nicht Beeinflussung von Personen und Institutionen nachweisen könnte. Richter schließe ich durchaus ein.
Wie man sieht, sie können auch anders, das beweist diese Klage.
Es geht schlicht um Profitmaximierung.
Schutz der Menschen und ihrer Umwelt ist diesen – entgegen ihrer schön geschminkten „Corporate Identity“ – völlig gleichgültig. Andernfalls würde man sich mit allen Regierungen, in deren Seegebiet Ölförderung stattfindet, zusammensetzen und das Beste geben, um diese Verfahren zu optimieren. Nicht nur im Bezug auf Fördermengen, besonders auch im Bereich Verfahrenssicherheit.
Leute, denkt daran: Menschenwürde macht sich daran fest, wie ich mit meinen Mitmenschen und meiner Umwelt umgehe.