Newssatire im ZDF: Ein bisschen komisch
Das ZDF will auch mal lustig sein. Und kopiert Jon Stewart: in der "heute show" mit Oliver Welke (23 Uhr). Den Biss und die Schärfe des US-Vorbilds hat die Show jedoch nicht.

Mit Oliver Welke ist es wie mit den Dosenwürstchen, für die er als Kind gemodelt hat: Man weiß nie so genau, was alles drinsteckt. Besteht der Welke nun zum Großteil aus einem Moderator? Oder aus einem Sportjournalisten? Und wie viele Teile Autor, Schauspieler und Komiker wurden beigemischt, als der kleine Olli 1966 in Bielefeld gefertigt wurde?
Das fragt man sich zuweilen bei Welkes Omnipräsenz. Der Mann macht einfach alles, überall: Radio, Kino, Fernsehen, bei den Privaten wie bei den Öffentlich-Rechtlichen. Neuerdings ist Welke wieder für Sat.1 als Fußballreporter unterwegs. Und heute Abend begrüßt er erstmals die Zuschauer des ZDF zur neuen "heute show", einer Sendung, die Nachrichten aufs Korn nehmen will. Und Politiker, die dort bekanntlich ihre Gemeinplätze verklappen dürfen.
Angriffsfläche bietet diese Spezies genug. Deshalb ist die Idee einer Nachrichten- und Politsatire dieser Art nicht gerade neu: Rudi Carrell arbeitete sich seinerzeit schon daran ab, auf Sat.1 gab es später "Die Wochenshow", bei RTL die "Freitag Nacht News". Und in den USA überzieht seit einigen Jahren Jon Stewart das Geplapper der Berufspinocchios mit ätzendem Spott. Das klappt bestens, denn Stewart ist böse und ein Meister im Entlarven von Politikerphrasen. Allem Witz zum Trotz nutzen deshalb etliche US-Amerikaner seine "Daily Show", um sich über Politik zu informieren.
Allein - Welke ist nicht Stewart, nicht so bissig und als politischer Kommentator bisher kaum in Erscheinung getreten. Er scheut deshalb auch den Vergleich, räumt aber ein, dass Stewart ein Vorbild sei. Immerhin die Krawatte hat er sich schon mal abgeguckt, was aber der Teil sei, sagt Hemdknopfoffenträger Welke, der ihm nicht so gefalle.
Das ZDF indes setzt ganz auf den unauffälligen Herrn aus Ostwestfalen, in dem so viele Zutaten stecken: "Man nimmt Oliver Welke den Anchorman einfach ab", sagt ZDF-Unterhaltungschef Manfred Teubner und hofft überdies auf den Olli-Effekt: Welke soll, wie einst Pocher bei der ARD, die Jugend zu den Öffentlich-Rechtlichen locken, was beim ZDF die 30- bis 59-Jährigen sind. Dabei helfen wird ihm unter anderen Martina Hill, bekannt aus der fabelhaften Pro7-Comedy "Switch reloaded", die bei der "heute show" die Statistiktante gibt, also mit Tabellen und Hochrechnungen hantiert.
Während Welke laut ZDF dafür zuständig ist, Fernsehbilder "satirisch, witzig und bissig" zu kommentieren und die Berichterstattung der Nachrichtensendungen zu "sezieren", macht Hill also, was sie am besten kann: parodieren. Das Format ist also ein Hybride aus Karikatur und Kommentar, was andere, siehe oben, auch schon gemacht haben. Unterhaltungschef Teubner aber verspricht, die "heute show" werde sich "deutlich von den Nachrichtenparodien der Privatsender unterscheiden". Zudem soll sie tagesaktuell produziert werden.
Dass die Mainzer mit "heute" den Titel und in Ansätzen auch das On-Air-Design ihrer Nachrichten spendieren, ist bemerkenswert und zeigt, dass man es auf dem Lerchenberg offenbar ernst meint mit dem neuen Spaß. Vorsichtig ist man trotzdem, zu vorsichtig vielleicht, wenn es mit der gewünschten Verjüngung der Zuschauerschaft klappen soll: Man wage den Versuch, eine politische Satire mit einer medienkritischen Sichtweise zu verbinden, heißt es in der Pressemitteilung. Und für diesen Versuch leistet man sich dann auch nur einen Sendeplatz pro Monat, immer dienstags nach dem etablierten Kabarett "Neues aus der Anstalt".
Ob das reicht, um neue Zuschauer dauerhaft zu binden? Mal sehen. Zehn Folgen sind geplant - Stoff gäbe es im Superwahljahr locker für hundert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Gerichtsentscheidung zu Birkenstock
Streit um die Sandale